Die Große Cupertino Verschwörung II
Wissentlich verlangsamt: Macht Apple alte iPhone-Einheiten unbrauchbar?
Planned obsolescence. Inzwischen könnten wir uns bereits einen Wecker stellen, der die jährlich erneut vorgetragenen Vorwürfe, Apple würde alte iPhone-Einheiten wissentlich verlangsamen um seine Bestandskunden zum Kauf neuer Modelle zu «überreden», relativ treffsicher vorhersagen müsste.
Vor rund einem Jahr suhlte sich der Nachrichtensender CNN im Thema, aktuell wirft die New York Times die „Forschungsergebnisse“ der Harvard-Studentin Laura Trucco in den Ring.
Die Ph.D.-Anwärterin hat die Suchbegriffe „iPhone“ und „Slow“ in die Eingabemaske der Google Trend-Suche getippt und eine Korrelation zwischen den Markteinführungen neuer iPhone-Generationen und einer zunehmenden Häufigkeit von Suchanfragen mit dem oben genannten Schlagwort-Pärchen festgestellt.
Google Trends für „iPhone“ und „Slow“
„Correlation does not imply causation“
Wie in jedem Jahr, darf also auch in den kommenden Tagen wieder davon ausgegangen werden, dass die üblichen verdächtigen im deutschen Blätterwald – n24 hat schon mal angefangen – hanebüchene Schlüsse aus Truccos Diagramm ziehen werden. Diesem fehlt jedoch vor allem eins: Der Nachweis der Kausalität.
Dass sich Suchanfragen mit dem Wortpaar „iPhone“ und „Slow“ zum Start neuer Geräte-Generationen häufen, kann viele Ursachen haben. Für sich betrachtet ist Truccos Ergebnis jedoch so aussagekräftig wie der 2001 veröffentlichte Aufsatz von Robert Matthews „Der Storch bringt die Babys zur Welt“.
Matthews bewies damals, dass eine statistisch hoch signifikante Korrelation zwischen der Anzahl der Störche und der Geburtenrate in den Ländern Europas besteht.
Ein weiteres Beispiel: Der von Bobby Henderson ermittelte Zusammenhang von globaler Durchschnittstemperatur mit der ungefähren Anzahl weltweit aktiver Piraten.
Wärmere Temperaturen, weniger Piraten
Apple steht vor einem Dilemma
Dennoch, so ganz vom Tisch wischen lassen sich die Vorwürfe in Richtung Cupertino nicht. Im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten am Markt werden Apples iPhone-Modelle meist 24 Monate lang mit regelmäßigen Updates versorgt. Software-Aktualisierungen, die die Geräte um neue Funktionen ergänzen, zusätzliche Hintergrundprozesse einführen und (vor allem) den älteren Geräten meist mehr abverlangen, also noch die zuvor eingesetzten Software-Versionen. Ihr erinnert euch an die Geschwindigkeitseinbußen des iPhone 3G…
Eine Praxis also, die nicht unbedingt für Geschwindigkeitszuwächse sorgt. Apple steht hier vor einer binären Wahl: Sollen ältere Geräte früher als bislang „durchs Raster fallen“ und nicht mehr mit aktuellen iOS-Versionen versehen werden? Oder: Gibt man auch den angestaubten Modellen noch so viel neue Funktionen wie möglich mit auf den Weg, riskiert aber eine schlechtere System-Performance?
In den vergangenen Jahren hat sich Apple an einem Mittelweg versucht. Auch die alten Geräte wurden mit vielen, aber nicht mit allen Neuerungen versehen. Ein Kompromiss, der die Balance zwischen Performance und Aktualität suchte.
Unsere Reaktion auf „Storch-Studien“ wie die von Laura Trucco fällt daher immer etwas mürrisch aus.
Nutzer die ihr iPhone 4s noch immer mit der iOS-Version 5.0 betreiben und sich gegen das kostenlos und unverbindlich angebotene Update auf iOS 7.1.2 entschieden haben, werden ein Gerät in der Hand halten, dessen System-Geschwindigkeit identisch zu der sein wird, die noch am Tag des Kaufes für Begeisterung gesorgt hat.
Der vorwurfsvolle Verweis auf eine „planned obsolescence“ kann also getrost ignoriert werden.