Polizei greift bundesweit zu
Luca-App: Williger Datenlieferant in über 100 Ermittlungsverfahren
Ihr erinnert euch sicher noch: Als die offizielle Corona-Warn-App der Bundesregierung gerade erst dabei war eine erste Form anzunehmen, wurde das Projekt von hitzigen Debatten begleitet. Damals gestalteten der Chaos Computer Club, Netzaktivisten und Datenschützer die Diskussionen mit und trugen ihren Teil dazu bei, dass die Corona-Warn-App quelloffen und möglichst datensparsam entwickelt wurde.
CWA oft wegen „zu viel Datenschutz“ in der Kritik
Was damals überwiegend auf Zuspruch stieß, zog mit fortschreitender Dauer der Pandemie dann häufig wiederkehrende Kritik in Talkshows, Interviews und Leitartikeln auf sich: Die Deutschen hätten es ihrer Zukunftsfeindlichkeit und ihren Datenschutz-Eigenarten zu verdanken, dass die Corona-Warn-App nicht mit der gleichen Effektivität funktionieren würde, wie vergleichbare aber deutlich neugierigere App-Angebote im asiatischen Raum.
Erst hatte der Datenschutz ein ordentliches Google-Streetview-Angebot in Deutschland verhindert, dann die Pandemie bestärkt, da waren sich viele Expertenrunden einig.
Luca-Abfragen auch bei Diebstahl und Fahrerflucht
Was jedoch dabei herauskommt, wenn der Datenschutz erst im Nachgang bedacht wird, demonstriert aktuell die privatwirtschaftliche Luca-Applikation, die nicht mit Pseudonymen, sondern mit Klarnamen, Adressen und zugeordneten Rufnummern arbeitet.
Wie die heute veröffentlichten, bundesweiten Recherchen von ZDFheute zeigen, war der vor 10 Tagen bekannt gewordene Luca-Datenabgriff der Mainzer Polizei lediglich einer von etlichen Fällen.
Die App zur Kontakterfassung sei von zahlreichen Polizeibehörden der ganzen Bundesrepublik als Datenlieferant in Ermittlungsverfahren eingesetzt worden. Auf Rückfrage des ZDF hätten Strafverfolger über 100 Fälle eingeräumt, in denen persönliche Daten aus Corona-Kontaktlisten und der Luca-App angefordert wurden.
Das ZDF gibt allerdings zu bedenken, dass deutlich mehr Personen betroffen sein könnten:
Die Strafverfolgungsbehörden haben bei den Abfragen die Daten von mindestens 500 Personen erhoben. Tatsächlich dürften die Daten in noch mehr Fällen erhoben worden sein. Derartige Datenabfragen werden bei den Staatsanwaltschaften nicht gesondert erfasst, so dass die Zahlen vor allem auf der Erinnerung der Beamten beruhen. Zudem gibt es Fälle, in denen die Polizei die Daten ohne Wissen der Staatsanwaltschaft erhoben hat.