Video: „Apple hat unglaubliche Angst vor Labortests“
Der Norddeutsche Rundfunk kreidet an: „Damit Produkte gut wegkommen, pflegen Konzerne wie Apple ein besonderes Verhältnis zu Journalisten. Manche werden hofiert, viele kontrolliert.“
Telzerow beim iPhone 6 „Labortest“
Eine Arbeitsthese, der das Medienmagazin ZAPP gestern nicht nur ein 6-Minuten-Segment gewidmet hat, sondern auch die beiden deutschen IT-Journalisten Matthias Kremp (Spiegel Online) und Axel Telzerow (Computerbild) zu Wort kommen lässt.
Ausschlaggebend für den genauen Blick auf die Vergabe-Richtlinien der von Apple und Samsung angebotenen Rezensionsexemplare dürfte die nur zögerliche Verteilung der Apple Watch in Deutschland gewesen sein.
Apples Smartwatch haben hierzulande nur zwei Redaktionen vorab unter die Lupe nehmen können: Spiegel Online und Bild. Zwei Redaktionen, die laut ZAPP jetzt „jubeln“ dürfen, und zwar exklusiv. Die Konzerne bestimmen:
Wer für den Geschmack der Konzerne zu kritisch berichtet, der wird von ihnen mitunter auch sanktioniert. Dann droht der Liebesentzug: das Aus für Vorab-Testgeräte und der Ausschluss von den exklusiven Veranstaltungen. Für Technikjournalisten ist das ein Risiko: Nur wer früh mit dabei ist, bekommt Klicks, Käufer und Zuschauer. Damit scheint das Machtverhältnis zwischen IT-Konzernen und Technikjournalisten klar geregelt zu sein: Im Zweifel haben die Konzerne das Sagen.
ZAPP – IT Konzerne umgarnen Journalisten
Während Samsung die Fragen der Redaktion in einem PDF beantwortet hat und unter anderem unterstreicht „selbstverständlich keinerlei Forderungen oder Gegenleistungen“ von eingeladenen oder mit Testgeräten versorgten Journalisten zu erwarten, wollte sich Apple nicht zum Thema äußern.
Wir sind diesbezüglich zweigespalten. Als Medienvertreter können wir die geäußerte Kritik in Teilen durchaus nachvollziehen. Vom Foto-Beispiel des NDR-Redakteurs Daniel Bouhs etwa, der auf die Unmöglichkeit hinweist, Vergleichsbilder konkurrierender Produkte auf offiziellen Apple-Events anzufertigen, können wir inzwischen ein Lied singen:
„[…]iPhone-Hersteller Apple. Der Konzern aus San Francisco hat den Umgang mit Journalisten regelrecht perfektioniert, wie mehrere Technikjournalisten berichten: Wollen sie auf einer Produktshow für einen Foto-Vergleich etwa ein Konkurrenzgerät zücken, werden sie zurechtgewiesen – freundlich, aber bestimmt.“
Andererseits muss sich Cupertino den Vorwurf, zu Harsch auf den iPhone 6-„Labortest“ der Computerbild reagiert zu haben, wohl auch nicht gefallen lassen. Ging es dem Magazin doch eher um einen schnellen Viral-Erfolg als um konkreten Kennzahlen, die erst zwei Monate später von der Stiftung Warentest vorgelegt wurden.
Im Gegensatz zur ZAPP-Redaktion, die das Kräfteverhältnis zwischen IT-Konzernen und Berichterstattern eher zu Gunsten Apples, Samsungs und Co. verschoben sieht, würden wir der Branche derzeit jedoch noch einen Gleichstand unterstellen.
Abhängigkeiten existieren – diese finden sich aber auf beiden Seiten. Kremp könnte kritischer schreiben, Apples Presse-Team zugänglicher werden.
Einer öffentlichen Debatte bedarf es dennoch nicht. Denn: Die interessierte Community dürfte von entsprechend neuausgerichteten Positionen ohnehin nichts mitbekommen. Wer ein wirkliches Interesse an der Apple Watch, dem iPhone 6 und den neuen Samsung-Modellen an den Tag legt, informiert sich schon seit Jahren nicht mehr in den Technik-Spalten der BILD und des Spiegels, sondern springt durch Blogs, Podcast-Episoden, Youtube-Videos und Foren-Einträge. Online-Biotope, die sich dem Einfluss großer Konzerne gänzlich entziehen.