Halbherzige Zugeständnisse
Apple macht klagenden Entwicklern ein Friedensangebot
Unter dem Druck einer Sammelklage von amerikanischen Entwicklern hat Apple eine Reihe von Änderungen und Verbesserungen im Zusammenhang mit dem App Store angekündigt. Weltbewegende Neuerungen dürft ihr nicht erwarten, doch muss man anerkennen, dass die Entwickler Apple auf gerichtlichem Weg immerhin zu ein paar kleinen Schritten gezwungen haben, die hier und da auch einen positiven Nebeneffekt für Endkunden haben können.
App-Store-Chef Phil Schiller
Die Auseinandersetzung hat nichts mit dem Streit zwischen Apple und Epic Games zu tun. Stattdessen haben sich hier verschiedene kleinere Entwickler zusammengeschlossen, um von Apple eine Reihe von Anpassungen und Erleichterungen mit Blick auf das streng regulierte App-Store-Konzept zu fordern.
Aber nicht alles, was Apple in seiner Pressemitteilung als Zugeständnis darstellt, geht tatsächlich auch mit einer Änderung der Richtlinien zum Vorteil von Entwicklern und Nutzern einher. Zu großen Teilen scheint Apple schlicht darauf bedacht, den Frieden zu wahren und sich gegen schmerzhafte finanzielle Ansprüche abzusichern.
„Entschädigungszahlungen“ für US-Entwickler
So ist der von Apple eingerichtete „Fonds zur Unterstützung kleiner US-Entwickler“ wohl eher als Friedensangebot an die Kläger zu sehen, denn als soziale Leistung. Apple stellt hier einen Topf mit 100 Millionen Dollar quasi für Entschädigungszahlungen bereit, von denen laut Kleingedrucktem allerdings direkt 30 Millionen für die Gerichtskosten abgehen. Einen Anspruch auf die Gelder haben Entwickler, die im Zeitraum zwischen dem 4. Juni 2015 und dem 26. April 2021 ein Konto im amerikanischen App Store hatten und in diesem Zeitraum pro Jahr dort nicht mehr als eine Million US-Dollar verdient haben.
Hintergrund dürfte die Kritik an Apples üppigen 30%-Provisionen sein, die unter entsprechendem Druck bereits im vergangenen Jahr für „Small-Business-Partner“ um die Hälfte reduziert wurde. Den neuen Fonds kann man somit auch als vorauseilende freiwillige Entschädigungsleistung betrachten, von der zumindest laut aktuellem Informationsstand auch nur amerikanische Entwickler profitieren können.
Endkunden werden die neuen Regeln wenn überhaupt, dann über eine zukünftig breitere Staffelung der App-Store-Preise zu sehen bekommen. Apple will die festgelegten Preisstufen von bislang weniger als 100 auf mehr als 500 erweitern, was zu bislang nicht vorhandenen Zwischenstufen wie 1,19 Euro oder dergleichen führen könnte.
Apples „7-Punkte-Plan“
In der Folge könnt ihr die sieben Punkte, mit denen Apple den klagenden Entwicklern entgegenkommen will, im Originalwortlaut nachlesen. Das letzte Wort diesbezüglich hat allerdings das zuständige Gericht.
- Um den Erfolg des App Store Small Business Program zu bestätigen und fortzuführen, haben sich Apple und die Entwickler:innen darauf geeinigt, das Programm in seiner derzeitigen Struktur mindestens für die nächsten drei Jahre beizubehalten. Unternehmen, die jährlich weniger als eine Million US-Dollar verdienen, werden weiterhin von der reduzierten Provision profitieren, während größere Entwickler:innen die Standardprovision des App Store für App-Käufe und In-App-Käufe zahlen.
- Bei der Suche im App Store ging es schon immer darum, es den Nutzer:innen leicht zu machen, die gewünschten Apps zu finden. Auf Wunsch der Entwickler:innen hat Apple zugestimmt, dass die Suchergebnisse weiterhin auf objektiven Merkmalen wie Downloads, Bewertungen, Textrelevanz und dem Nutzerverhalten basieren werden. Die Vereinbarung sieht vor, dass das derzeitige System der Suche im App Store mindestens für die nächsten drei Jahre bestehen bleibt.
- Um Entwickler:innen noch mehr Flexibilität beim Erreichen ihrer Kund:innen zu ermöglichen, stellt Apple außerdem klar, dass Entwickler:innen Informationen über Zahlungsmethoden außerhalb ihrer iOS App über Kommunikationsmittel wie E-Mail weitergeben können. Wie bisher auch zahlen Entwickler:innen keine Provision an Apple für Käufe, die außerhalb ihrer App oder des App Stores getätigt werden. Anwender:innen müssen dieser Kommunikation zustimmen und haben das Recht, diese abzulehnen.
- Apple wird außerdem die Anzahl der Preispunkte, die Entwickler:innen für Abonnements, In-App-Käufe und kostenpflichtige Apps zur Verfügung stehen, von weniger als 100 auf mehr als 500 erhöhen. Alle Entwickler:innen können ihre Preise weiterhin selbst festlegen.
- Apple wird die Möglichkeit für Entwickler:innen beibehalten, gegen die Ablehnung einer App wegen einer vermeintlich unfairen Behandlung Einspruch einzulegen – ein Verfahren, das sich als erfolgreich erwiesen hat. Apple hat zugestimmt die Webseite zu App-Reviews um Inhalte zu ergänzen, die Entwickler:innen helfen sollen, den Ablauf des Einspruchsverfahrens besser zu verstehen.
- In den letzten Jahren hat Apple auf apple.com eine Vielzahl neuer Informationen über den App Store bereitgestellt. Apple hat zugestimmt auf der Grundlage dieser Daten einen jährlichen Transparenzbericht zu erstellen, der aussagekräftige Statistiken über den Überprüfungsprozess von Apps enthält, darunter die Anzahl der aus verschiedenen Gründen abgelehnten Apps, die Anzahl der deaktivierten Konten von Kund:innen- und Entwickler:innen, objektive Daten zu Suchanfragen und -ergebnissen sowie die Anzahl der aus dem App Store entfernten Apps.
- Apple wird darüberhinaus einen Fonds einrichten, um kleine US-Entwickler:innen zu unterstützen, insbesondere da die Welt weiterhin unter den Auswirkungen von COVID-19 leidet. Anspruchsberechtigte Entwickler:innen müssen in jedem Kalenderjahr, in dem sie zwischen dem 4. Juni 2015 und dem 26. April 2021 ein Konto hatten, mit allen ihren Apps im US-Store höchstens eine Million US-Dollar verdient haben — das sind 99 Prozent der Entwickler:innen in den USA. Einzelheiten werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.