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WunderCar enttäuscht: Eine Mitfahrzentrale für Hipster

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41 Kommentare 41

Alle wollen die „urbane Mobilität“ revolutionieren. Autos teilen, Bahnfahrten attraktiver machen, Mietwagen-Einnahmen ankurbeln. Und: Social soll es sein.

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Bevor wir zu WunderCar kommen – setzt euch am besten hin – nehmen wir uns erst mal die Zeit für eine kurze Bestandsaufnahme.

Welche iPhone-Applikationen haben den gedankenverlorenen Griff zum eigenen Autoschlüssel in der Vergangenheit am nachhaltigsten beeinflusst?

  • DriveNow: Einer der größten Car-Sharing-Anbieter in Deutschland. DriveNow-Nutzer können BMWs und Minis in ihrer Stadt über die iPhone-App des Dienstes lokalisieren und buchen. Abgerechnet wird nach gefahrenen Minuten. Getestet haben wir den zuletzt in Hamburg an den Start gegangenen Dienst hier.
  • Car2Go: Die direkte DriveNow-Konkurrenz. Die angebotenen Autos sind etwas kleiner und nicht ganz so schick, die Parkplatz-Situation dafür aber wesentlich besser, das Geschäftsgebiet stellenweise großzügiger als bei DriveNow.
  • Flinc: Die Mitfahrzentrale für kurze Stadt-Fahrten kooperiert inzwischen sowohl mit DriveNow als auch mit Garmin. Wir kennen jedoch noch keine regelmäßigen Nutzer des „Kannst du mich für 5€ zum Bahnhof mitnehmen“-Dienstes.
  • MyTaxi: Die App zur Taxi-Bestellung stand zum Jahresanfang ordentlich in der Kritik. MyTaxi darf jedoch zu Gute gehalten werden, dass die App die Taxi-Bestellung wieder populärer hat werden lassen.
  • Mitfahrgelegenheit: Als Webseite gestartet, bietet die Mitfahrgelegenheit inzwischen eine eigene App an. Die Mitfahrgelegenheit ist inzwischen auch nicht mehr hundertprozentig kostenlos – nach wie vor bietet die Community aber bessere Ergebnisse als die Mitfahrzentralen.
  • Uber: Der „Ich bestelle mit eine Limo, die mich durch die Stadt fährt“-Dienst hat sich vor allem in den USA als populäre Taxi-Alternative etabliert. Zwar sind die Uber-Macher inzwischen auch nach Europa expandiert, hierzulande kennt und nutzt den Fahrer-auf-Zuruf-Dienst jedoch so gut wie niemand.
  • Carzapp: Die private Carsharing-Community – unsere Vorstellung zur IFA könnt ihr hier nachlesen – will ein DriveNow-Netzwerk mit Privat-Fahrzeugen aufbauen. Interessierte Nutzer lassen sich eine schwarze Box in das eigene Fahrzeug installieren und können den privaten Volvo so zum Carsharing-Auto für jedermann machen. Ob sich Carzapp langfristig durchsetzen wird, hängt zum großen Teil davon ab, ob auch Firmen-Flotten wie etwas die Mitarbeiter-Autos der DB-Belegschaft angeboten werden.

Wo sortiert sich WunderCar ein?

Ein kurzer Blick auf den Pressetext, lässt uns Böses ahnen. Auf unserem internen Radar sortieren wir die Selbstbeschreibung der WunderCar-Macher (für einen App Store Debütanten bereits jetzt erstaunlich gut und merkwürdig oft bewertet) in die Kategorie „US-Nachbau“ ein. Junge Gründer schnappen sich eine hippe Idee aus Übersee, sammeln Risiko-Kapital ein und versuchen – oft ohne mit viel Herz bei der Sache zu sein – ein bewährtes Konzept an einem neuen Standort umzusetzen.

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Die Webseite spricht ausschließlich von „Trinkgeld“.

Um das Kind beim Namen zu nennen. WunderCar erinnert uns stark an Uber Lyft. Zum einen setzt der Dienst auf vorab registrierte Fahrer, die sich nach einem kurzen Aufnahme-Check als Chauffeure-auf-Zuruf in der WunderCar-App anbieten. Zum anderen auf willige Passagiere, die sich ein Auto per App bestellen und anschließend von A nach B kutschieren lassen möchten.

Ein Unterschied fällt jedoch gleich nach dem Blick ins Kleingedruckte auf. Während die US-Konkurrenz auf feste Kostenstrukturen setzt, will WunderCar Begriffe wie Beförderungsentgeld, Fahrtkosten oder Tarif erst gar nicht in den Mund nehmen. Die Webseite spricht ausschließlich von „Trinkgeld“.

Beispiele gefällig?

  • „Bekomme großzügige Trinkgelder von deinen Mitfahrern“
  • „Wenn Du zufrieden warst, freut sich dein Fahrer über ein Trinkgeld.“
  • „Aussteigen, Trinkgeld über die App geben, Fahrt bewerten, winken.“
  • „Die App unterbreitet dem Mitfahrer dafür einen Trinkgeld-Vorschlag […]“

Ob sich die WunderCar-Macher, die über Venture Capital von 10 Business Angels und drei institutionellen Investoren verfügen, hier einfach alle Türen für eine spätere Monetarisierung offen halten oder nur nicht Gefahr laufen wollen, mit den Taxi-Verbänden und den regulierenden Behörden aneinander zu rasseln, können wir nur schwer abschätzen.

Fest steht: WunderCar wirkt aktuell nicht nur ausgesprochen unverbindlich – dass auf der offiziellen Webseite gewählte Wording, verlangt dem spontanen Besucher auch einiges an Willenskraft ab, um das Browser-Fenster nicht umgehend wieder zu schließen.

Die Möchtegern-Taxi-Konkurrenten beschreiben ihre Fahrer (schon 21-jährige dürfen sich hier registrieren) als aufgeschlossene Locals, sich selbst als Team von jungen Querdenkern und ihr Angebot als Carsharing 2.0. Die Pressemitteilung wirft noch die Ökonomie des Teilens, Co-Konsum, den Gedanken der Sharing Economy und den Community-Aspekt mit in den Raum, letztgenannter steht natürlich im Vordergrund… Natürlich.

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Und was kommt unterm Strich für euch dabei heraus?

Wer die Facebook-Hürde nimmt, über die das WunderCar-Team all seine potentiell interessierten Kunden springen lässt, kann sich vielleicht irgendwann von einem jungen Studenten zum Flughafen fahren lassen. Vielleicht. Um regelmäßig Fahrer zu finden, müssen sich diese in den kommenden Wochen erst mal anmelden, aktuell sollen in Berlin und Hamburg nur überschaubare 100 Fahrer registriert sein.

Seid ihr gefahren, dann müssen die Kosten irgendwie unter euch ausgemacht werden. Welche Richlinie empfehlen die Macher? Schwer zu sagen. Zum einen scheinen die eingangs erwähnten „großzügigen Trinkgelder“ auf eine Summe zu verweisen, die eher in Scheinen als in Münzen bezahlt wird, zum anderen gibt WunderCar jedoch die folgende Antwort, auf die Frage, was ihr nach eurer Registrierung von dem jungen Start-Up erwarten könnt:

Erfahrene Autofahrer die die Vorteile von Co-Konsum und Carsharing zu schätzen wissen und nicht bei jeder Fahrt nur auf das Geld schauen wollen.

Wundercar. Ein prototypisches Startup 2014. Schicke Webseite. Bärtige Foto-Modelle. Risiko-Kapital, das in Massen verbrannt werden kann. Facebook. Öko-Buzzwörter. Ein vages Monetarisierungs-Modell. Und die Bitte an die Community, mit Selbst-Registrierungen, Anmeldungen und den eigenen Autos erst mal in Vorleistung zu treten, um einem Ex-Community-Manager der Wohnraum-Vermieter von AirBNB dabei zu helfen „Social Ridesharing“ nach Deutschland zu bringen.

Social Ridesharing. Junge Junge…

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17. Mrz 2014 um 19:53 Uhr von Nicolas Fehler gefunden?


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  • Da wäre ein intigniertes Taximeter gut. Vor bzw. bei Ruf des Fahrers sieht man den von ihm festgelegten Preis. Dadurch sind die Kosten transparent und der Kunde und der Fahrer wissen welchen Preis die Fahrt kostet.

    • Ich glaube es geht vorwiegend um längere strecken/Fahrten bei WunderCar. Aber sowas kann man genauso gut mit dem Taxifahrer regeln.

    • Ich klaube eher das sie immer von Trinkgeld reden weil Mann es nicht versteuern muss. Taximeter währe scheinselbständig wen ich mich nicht irre.

    • Sehr gut analysiert! Wenn doch jeder nur so klar denken würde -könnte- .
      Trinkgeld. Das ich nicht lache. In meiner Jugend, als es noch das analoge Autoteilen gab, so ohne App und Internet, nämlich per Daumen, war die Welt noch in Ordnung. Da wurde der Gemeinschaftsgedanke noch „ehrlich“ hoch gehalten. Ein Dankeschön oder lächeln für die Fahrt ins nächste Dorf reichte vollkommen aus.

  • Typische CopyCat und wie immer mit der Intention Geld zu machen, auf Kosten der Ideen anderer…!

  • Da fahr ich lieber mitm Longboard in den Park und spann erstmal ne Slackline auf. Dazu ‚Mate ubd der Tag gehört mir

  • Man hört ja viel Scheiß mit anglizistiachen Anlehnungen, aber der Text markiert schon die obere Liga des verbalen Durchfalls!
    „…und wenn ich nichts wichtiges zu sagen habe, dann sag ich es in Denglish.“

  • Pauschales Hipstergeläster ist so lächerlich wie der Hipster selbst. Ich find Slackline z.B. doof, liebe aber Mate. Die App ist doch schick. Und was ist schlimm am sauberen Kopieren? Everything is a remix :)

  • Finanzamt wird sich freuen ;-)
    Auch wenn man es Trinkgeld nennt, unterm Strich dürfte das gewerblich sein.

  • Eine Korrektur. Wieso sollte flinc nur für „kurze Staftfahrten sein“ ? Ich kenne niemanden, der diesen Dienst so nutzt. Ich zB nutze flinc für meine regelmäßigen Fahrten vom Ruhrgebiet in die Hauptstadt.

    • Das sehe ich auch so.
      Habe noch keine App gesehen, die so klasse funktioniert und egal ab lange oder kurze Fahrten ein spontanes Mitfahren so komfortabel für beide Seiten ermöglicht.
      Für mich die beste App derzeit und ich hoffe, dass diese zukünftig noch von viel mehr Usern genutzt wird.

    • Exakt, ich hatte schon vor Jahren Flinc eine eMail geschrieben, in der ich vorschlug doch eine eigene Navi-app anzubieten, die immer wenn ich ein Ziel eingebe automatisch die Fahrt und alle Stellen auf der Strecke (mit einstellbarem Umweg) anbietet. Wenn jemand eine Fahrt sucht, wird während der Fahrt die Anfrage eingeblendet. Nur die nötigsten Infos in großer Schrift mit dickem Annahmeknopf.

      Das wäre flexibler, als die aktuelle App.
      Ja, Flinc ist nur eine Mitfahrgelegenheit, genutzt eher auf Strecken 100km+.
      Und ich muss gesondert von der Navieingabe in der extra Flinc-App meine Fahrt vor der Fahrt eintragen.

      Ich habe die Email wahrscheinlich noch im Ordner gesendete.
      Inkl. Reaktion von Flinc im Postfach.

      Flinc ist kostenlos, und auch nicht schlechter als Mitfahrgelegenheit (11%?)).
      Trotzdem kommen leider bei paralleler Einstellung von Fahrten meist nur welche über Mitfahrgelegenheit. MFG hat zwar aufgeholt was den Komfort im Browser und App angeht, aber da war Flinc am Anfang eigentlich besser.

  • eine weitere kleine korrektur:
    ab 01.04. passt car2go sein geschäftgebiet so ziemlich genau dem von drivenow an, die außenbezirke fallen alle weg, also nix mehr mit großzügigerem geschäftsgebiet…

  • In den USA gibt’s eine app namens ‚lyft‘. Schonmal ausprobiert, funktionierte tadellos. Fehlt in Deutschland. Fragt sich, ob’s nicht an den unzähligen Reglementierungen im Personentransport scheitern wird.

  • Vielleicht weniger VC in Bärte investieren, dafür aber in eine Android App…

  • Würde mich freuen, wenn Uber etwas weiter expandiert. Momentan gibt es den Service ja nur in einer Hand voll deutschen Städten. Würd’s gern mal ausprobieren.

  • Wirklich schön geschrieben! „Junge Junge!“ Ich schmeiss mich weg!

  • Ziemlich praktisch die neuen App-Download Buttons in den Artikeln!

  • Und wie immer fehlt in eurer Carsharing-Auflistung Flinkster von der Deutschen Bahn. Ich persönlich kann nicht verstehen warum ihr so auf DriveNow abfahrt. Vielleicht glaubt Ihr dass die BMW und Mini’s extrem cool sind?! Meines erachtens nach ist der Dienst jedoch teurer und deutlich weniger verbreitet als das Angebot von der Deutschen Bahn. Zudem hab ich bei Flinkster die Möglichkeit aus verschiedenen Autoklassen zu wählen, je nachdem was ich gerade benötige. Für mich ein deutliches plus und weit individueller!

  • Du hast das zwar richtig erkannt, dass Wundercar eine Copy Cat eines US-Unternehmens ist. Allerdings war die tatsächliche „Orientierungshilfe“ nicht etwa Uber, sondern das derzeit ebenfalls sehr gehypte Lyft.

  • Der Ansatz ist ganz gut……bloß ob das von der „Am besten alles für Umme“ Generation auch entsprechend honoriert wird ist die Frage?? Und dann darf man sich mit so einem bebrillten „Club-Mate“ schlürfenden Nerd um die Bezahlung rumschlagen. Na schönen Dank auch.

    Soweit ist Berlin dann doch noch nicht. Hier steht Ego vor Social.

  • herrlich distanzierter text, der sich wohltuend von oftmals anderswo gelesenem nachgebrabbel der marketingsprüche unterscheidet. einfach eine klare, fundierte aber auch polarisierende meinung, so soll’s sein!!

  • Facebook zwang? Ohne mich. Ich habe nämlich kein Facebook.
    AGB’s? Es gibt nur AGB. Selbst das bekommen die nicht hin.

    Insgesamt eher unseriös als vertrauenserweckend.

  • Geil finde ich auf der Website von wundercar das Foto mit dem Bärtigem und dem porsche (?). Aufschrift: Auf Augenhöhe. Ihre Augenhöhe (der porsche-fahrerin) ist ungefähr auf höhe seines gürtels …

  • Ich feier euch gerade richtig. Ihr habt es auf den Punkt gebracht!

  • Mit Eurer Kritik seid ihr nicht allein, wie schon einige andere Artikel auch aus der Auto-Fachpresse belegen. Beispiel: http://www.motor-talk.de/news/.....64923.html
    Ich glaub fest dran, dass die Taxi-Verbände da erstmal ne Klagewelle lostreten werden. Das wird für Aufmerksamkeit sorgen, die Nutzerzahlen werden wohl anfangs steigen, aber mitfahren werden nur wenige. Taxi ist einfach schneller zu erreichen, viele nutzen auch schon Carsharing-Angebote und in der S- oder U-Bahn ist man ja auch nicht allein. So richtig überzeugt bin ich davon also nicht.

  • Zur Vollständigkeit: Uber hat mit UberX mittlerweile auch einen „Lyft“-iges Segment im Portfolio , was jeden quasi zum Amateurchauffeur macht … und das ganze läuft unter dem eher verwirrenden Begriff „Ridesharing“, wobei das ja mit echten „Ridesharing“-Diensten a la Flinc und den Mitfahrzentralen wenig zu tun hat …. naja klingt halt hip

  • Da muss das WunderCar Team wohl mal gesammelt zum Friseur gehen und den Bart rasieren lassen :)

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