Tanktaler: GPS-Auto-Stecker mit App – und Mehrwert?
Seitdem sich der Mobilfunkanbieter o2 aus dem Geschäft der Fahrzeug-Überwachung zurückgezogen und den Verkauf seines o2 Car Connections Kits eingestellt hat – ifun.de berichtete – halten wir die Augen nach brauchbaren Alternativen auf.
Persönlich sind wir in erster Linie an einem schnellen Blick auf den aktuellen Fahrzeug-Standort interessiert, würden eine Auswertung der Fahrzeugdaten begrüßen und möchten vor allem unser Parkplatz-Problem lösen: Wo hat der WG-Mitbewohner, der inzwischen schon wieder aus dem Haus ist, den Kombi gestern Nacht geparkt?
Was gibt der Markt aktuell her? Das Traditionsunternehmen Bosch hatte seine Lösung, den Bluetooth-gestützten Drivelog Connect, bereits Mitte des Jahres angekündigt, der Rollout scheint sich mittlerweile aber so sehr zu verzögern, dass wohl auch der Ausweichtermin zur Markteinführung (Dezember 2015) noch mal verlegt werden muss.
Die Navi-Experten von TomTom bewerben schon seit geraumer Zeit ihr Curver-Modul für die OBD-Buchse eurer Fahrzeuge – dieses setzt jedoch ebenfalls auf einen Bluetooth-Abgleich mit dem iPhone und bietet sich daher leider nicht zum Fernzugriff auf die Fahrzeug-Position an. Curver informiert eher während und vor allem über die Fahrt.
Womit wir beim Tanktaler angekommen wären. Der OBD-Stecker des Münchner Unternehmens Thinxnet integriert ein eigenes GPS-Modul und eine SIM-Karte und meldet seine Position – ähnlich dem O2-Adapter – kontinuierlich an die Server der Betreiber.
Nutzer können diese mit der Tanktaler-App abrufen, die Fahrzeug-Daten einsehen und die zurückgelegten Strecken im CSV-Format exportieren.
Wir fahren bereits seit einem Monat mit dem Tanktaler-Stecker im OBD-Port unseren Autos durch Berlin und wollen die ruhigen Vorweihnachtstage für einen kurzen Ersteindruck des Projektes nutzen, das derzeit noch in seiner frühen Phase steckt und vorerst ausschließlich interessierten Nutzern in München angeboten wird.
miles & more fürs Auto
Vielleicht fangen wir am besten mit dem Selbstverständnis der TankTaler-Verantwortlichen an, denn der Fahrzeug-Stecker wird anders als die Lösungen von TomTom oder o2 nicht als kostenpflichtiges Service-Produkt angeboten – sondern gratis verteilt und lässt sich am ehesten mit Kundenbindungsprogrammen wie „miles & more“, „Payback“ und Co. vergleichen.
Eine Konzept, das die Tanktaler-Macher – im Gegensatz zu o2, die ihre Partner-Angebote mit einem Update der iOS-Anwendung durch die Hintertür einführten – ganz offen kommunizieren.
Der Deal: Tanktaler-Nutzer stecken das GPS-Dongle in die OBD Schnittstelle ihres Fahrzeuges und verbinden ihr Auto so mit dem Netz und der Tanktaler-App. Anschließend lassen sich sämtliche Fahrzeuginformationen, die aktuelle Position und die Fahrdaten der vergangenen Tage auslesen.
Die Tanktaler-Macher hingegen profitieren von einer Flotte an Fahrzeugen, deren Fahrern Einkaufsangebote unterbreitet werden können («Fahre noch in dieser Woche zu MediaMarkt und verdienen 500 Taler»).
Gegenüber ifun.de erklärt das Team:
[…] zusätzlich können sie mit dem System ähnlich einer “miles & more” Karte Punkte sammeln und günstiger tanken (2 Cents pro Liter – bei allen Tankstellen in ganz Deutschland). Unsere Funktion, automatisch per Smartphone an der Tankstelle zu bezahlen rollen wir gerade in München aus.
Langfristig arbeitet Tanktaler daran, die Marktmacht der eigenen Flotte zum Aushandeln von Angeboten einzusetzen, die sich für alle Beteiligen rentieren sollen.
Ein ganz fiktives Beispiel: Die Erfinder des Steckers könnten sich etwa an Aral wenden und einen 2€-Rabatt auf Tankfüllungen über 30 Liter aushandeln. Stimmt Aral zu (und vergütet das Tanktaler-Team dafür vielleicht sogar), informieren diese ihre Fahrer und verhelfen der Tankstellen-Kette so zu mehr Umsatz. Tanktaler verdient, Aral verdient, der Kunde spart.
Und es muss nicht mal ein Preisrabatt sein – was uns zu den Namensgebenden Talern zurückkehren lässt: Die Stecker-Jungs könnten ihre Fahrer auch einfach mit einer Push-Mitteilung informieren: „Wenn ihr heute bei Aral tank und anschließend auch noch über unsere App bezahlt, dann gibt es 500 Taler – wenn ihre 10.000 gesammelt habt, springt ein Amazon-Gutschein für euch raus.“
Wie gesagt, wir spekulieren hier noch, aber so in etwa wird es wohl kommen. Finanzielle Anreize und eine Gratis-Fahrzeugüberwachung für die Community – eine kaufkräftige Flotte, die sich direkt Ansprechen und mit Partner-Angeboten versorgen lässt, für die Tanktaler-Macher.
Win-Win-Win?
Grundsätzlichen spitzen wir bei Konzepten wie dem Geschilderten immer die Ohren. Wir wollen eigentlich nur wissen wo das Auto steht und haben keine Lust auf personalisierte Reklame («Hey, Du fährst gerade bei REWE vorbei, heute ist Spargel im Angebot») und die damit einhergehende Beeinflussung unseres Konsumverhaltens.
Andererseits: Die Push-Mitteilungen der App lassen sich deaktivieren, die Parkplatzüberwachung funktioniert auch ohne einen Blick auf die gelisteten Angebote hervorragend. Tanktaler macht seiner Community ein Angebot, das sich annehmen lässt, aber nicht angenommen werden muss.
Wie gesagt, wir sind zwiegespalten, sehen aber durchaus auch die Attraktivität der Tanktaler-Offerte. Obwohl wir keine Payback- und keine Flugmeilen-Karten bereithalten und an den Kassen hiesiger Elektro-Märkte grundsätzlich keine Postleitzahlen preisgeben, scheint der Trade-Off Autoüberwachung gegen unverbindliche Angebote derzeit noch relativ OK.
Aber für ein Fazit ist es ohnehin noch zu früh. Derzeit arbeitet das Tanktaler-Team am Ausbau seiner München-Flotte und am Rollout der App-gestützten Bezahl-Funktion an den Tankstellen.
Wir behalten die weitere Entwicklung definitiv im Blick und melden uns, sobald die Tanktaler-Macher berichtenswerte Erweiterungen ihres Angebots vorlegen.
Bis dahin legen wir euch vielleicht schon mal den Blick auf die Datenschutzrichtlinien und die FAQ-Liste des Unternehmens ans Herz. Ja, die Fahrzeugdaten werden gesammelt und an Partner weitergegeben. Aber: Vor der Weitergabe werden die Daten anonymisiert. Zudem verzichtet Tanktaler komplett auf die Weitergabe persönlicher Daten.
Hand aufs Herz: Wir wären sofort bereit für eine kostenpflichtige Version des Tanktaler-Steckers zu zahlen und hoffen auf die langfristige Bereitstellung eines entsprechenden Angebotes. Vor dem jetzt verfolgen Konzept der intelligenten „miles & more“-Karte für Autofahrer gruselt es uns ein wenig – der Mehrwert übertrifft unsere Bedenken aktuell aber deutlich.