Ist die Luft raus? Warum wir zukünftig mit schlechteren Apps rechnen müssen
Jared Sinclair, Entwickler des vor über einem Jahr in den App Store gestarteten RSS-Readers Unread (AppStore-Link) legt die Verkaufszahlen seiner Indie-Applikation vor und zieht ein bedrückendes Fazit:
„Unread für iPhone“ konnte mit seinen App Store-Verkäufen bislang $32.000 erzielen. Die iPad-Ausgabe hat $10.000 eingenommen. Wenn ich meine Selbstständigen-Steuern (40%) und den monatlichen Krankenversicherungszuschlag von $350 davon abziehe, beläuft sich der Gewinn unterm Strich auf $21.000 bzw. $1750 pro Monat.
Mit Blick auf den beträchtlichen Arbeitseinsatz, den ich beiden Applikationen im letzten Jahr habe zukommen lassen, ein deprimierendes Ergebnis. Aktuelle versuche ich nicht darüber Nachzudenken wie viel Geld ich – mit meinen Qualifikationen und meiner Erfahrung – als angestellter Programmierer verdienen könnte. Die Zahlen sind zudem ein klarer Beweis dafür, dass der Verkauf App Store-Anwendungen zum (einmaligen) Festpreis kein nachhaltiges Geschäftsmodell ist.
Eine Kerbe in die derzeit auch andere Software-Entwickler schlagen. Der App Store, so der Tenor in der Branche, krankt gleich an mehreren Fronten und befindet sich derzeit in einer kontinuierlichen Abwärtsspirale, die den Einsatz von Zeit, die Produktion langfristiger Updates und die Investition in neue Ideen nicht mehr belohnen würde.
Guter Verkaufsstart. Dann der Abschied ins Nichts…
Die Web-weite Kritik, die heute unter anderem hier, hier, hier und hier nachgelesen werden darf, lässt sich auf eine Handvoll Punkte komprimieren, mit denen sich der App Store und die Kultur unabhängiger Software-Entwicklung für iPhone und iPad aus einer pessimistischen Linse betrachten lässt:
- Qualitäts-Applikationen, die mit langfristigen Updates und guter Produktpflege nicht mehr verdienen als schnell zusammengekloppte Anwendungen, die ebenfalls zum einmaligen Festpreis angeboten werden, rentieren sich nicht (mehr).
- Talente wandern in die Industrie ab. Anstatt sich mir eigenen Produkt-Ideen selbst im App Store zu verwirklichen scheuen mehr und mehr Entwickler das Risiko vorab investierten Zeit, die im Zweifelsfall nicht nur unzureichend sondern gar nicht belohnt wird.
- Die nach wie vor miserable Sichtbarkeit neuer Anwendungen im App Store, die Dominanz der Top-10-Charts und die vielen Tricks, mit denen sich windige Anbieter auf die oberen Ränge des Software-Kaufhauses katapultieren demotiviert erheblich.
- Die nach wie vor fehlenden Optionen um im App Store auch Test-Versionen und bezahlte Upgrades anzubieten sorgen dafür, dass bereits existierende Applikationen vor sich hin gammeln und nur noch unzureichend gepflegt werden. Apps ohne Retina-Anpassung, Apps mit alten iOS 6-Tastaturen und die, die noch immer nicht an iOS 7 bzw. die Displaygröße des iPhone 5 angepasst sind gehört mehr und mehr zum Alltag.
Die Weltuntergangsstimmung unter den unabhängigen Entwickler kocht zu Beginn des 3. Quartals 2014 mal wieder hoch. Diesmal jedoch wird das trübe Gefühl nicht von positiven Stimmen durchmischt. Kann iOS 8 hier noch mal motivieren? Im September sind wie schlauer… Vielleicht.