Reputation steht auf der Kippe
Apples geplante Fotoscans sorgen auch intern für massive Kritik
Apple sieht sich angesichts der in der vergangenen Woche angekündigten Kinderporno-Kontrollmaßnahmen weiterhin in der Kritik. Dabei äußern zunehmend auch eigene Mitarbeiter Unverständnis über die Maßnahmen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet über teils hitzige Diskussionen auch auf Apple-internen Kommunikationskanälen.
Demnach können viele Apple-Mitarbeiter schlicht nicht nachvollziehen, warum der Konzern seine Reputation im Datenschutzbereich mit der Einführung solcher Kontrollmaßnahmen aufs Spiel setzt. Apple riskiere, dass sein Ruf als Vorreiter für bestmöglichen Schutz der Privatsphäre durch die Einführung der Maßnahmen Schaden leide.
Die von Apple-internen Bedenkenträgern geäußerten Sorgen finden sich auch in der Kritik von namhaften Datenschützern wieder. Diese Verweisen auf Apples Argumentation gegen die FBI-Forderungen zur Einführung einer Hintertür in iOS. Apple hatte damals mit einem offenen Brief reagiert und darauf abgehoben, dass Verschlüsselung die einzige Möglichkeit sei, die privaten Dokumente seiner Kunden zu schützen. Das Implementieren einer Hintertür für Strafverfolgungsbehörden berge dagegen unkontrollierbare Gefahren:
Die Regierung behauptet, dass dieses Werkzeug nur einmal, auf einem Telefon, verwendet werden kann. Aber das stimmt einfach nicht. Einmal entwickelt, könnte die Technik immer wieder auf einer beliebigen Anzahl von Geräten eingesetzt werden. In der realen Welt wäre es das Äquivalent eines Generalschlüssels, der Hunderte von Millionen von Schlössern öffnen könnte – von Restaurants und Banken bis hin zu Geschäften und Häusern. Kein vernünftiger Mensch würde das akzeptabel finden.
-Apple – A Message to Our Customers, 16.02.2016
Apple macht sich auf nationaler Ebene angreifbar
Apple betont im aktuellen Fall immer wieder, dass die zum Abgleich verwendeten Daten von offizieller und seriöser Stelle bereitgestellt werden und somit ein Missbrauch quasi ausgeschlossen sei. Unterm Strich erweitert der Hersteller iOS damit verbunden jedoch um eben eine solche, bislang nicht vorhandene Hintertür.
Insbesondere wenn man im Blick hat, dass sich Apple bereits in der Vergangenheit gerne auf lokale Gesetzgebung berufen hat, wenn es um die Kooperation mit Regierungen und Behörden ging, scheint hier ein warnender Zeigefinger durchaus berechtigt. Wir erinnern uns nicht nur an China und die Tatsache, dass Apple die iCloud-Inhalte chinesischer Kunden mitsamt der zugehörigen Schlüssel an die chinesische Regierung übergeben hat, mit gleicher Argumentation war Apple in der Vergangenheit auch dazu bereit, in einzelnen Ländern Funktionen wie FaceTime oder GPS zu deaktivieren oder auf staatlichen Druck eine speziell konfigurierte Vorauswahl von Apps zur Installation anzubieten und umgekehrt den lokalen Behörden unliebsame Anwendungen aus dem App Store zu entfernen.
Sicherheitsforscher kritisieren folgerichtig, dass Apple künftig nicht mehr so einfach wie bisher damit argumentieren könne, dass eine zusätzliche Überwachung technisch nicht möglich sei. Indem Apple beweise, dass die Filterung von Inhalten auf einem Gerät auf einen einzelnen Markt bezogen durchführbar ist (die neuen Maßnahmen sollen zunächst nur in den USA starten), sei zu befürchten, dass beliebige Regulierungsbehörden und Gesetzgeber Vergleichbares auch nach ihren eigenen Vorgaben fordern.