Apple unter Zugzwang: Das Zukunftsversprechen der Motorola 360
Die seit Monaten brodelnden Gerüchte der iWatch vor Augen, kommen wir an dem aufmerksamen Blick auf das Feld der Mitbewerber inzwischen nicht mehr vorbei. Welche Maßstäbe werden gesetzt? Woran wird sich Apples „wearable accessory“ (sollte es denn kommen wie erwartet) messen lassen müssen?
Dribble-Bild: Matt Hoiland
Die zum Start des Android Wear-Projektes präsentierte Motorola Smartwacht, die Moto 360, ist derzeit der wohl spektakulärste Repräsentant einer neuen Produktkategorie, auf die auch Tim Cook im Rahmen dieses Interviews angespielt haben könnte.
Kein einfacher Schrittzähler, der vielleicht auch noch die aktuelle Temperatur und eingegangene Kurznachrichten anzeigt, sondern ein ausgereifter Alltagsbegleiter der uns erstmals vor Augen führt, warum Google in den letzten zwei Jahres so vehement auf die stetige Personalisierung der ausgelieferten Inhalte gesetzt hat. Karten-Dienste, Youtube-Kommentare, Websuchen – fast kein Googles Service verzichtet heutzutage mehr auf eine Login-Aufforderung.
Beispiel „Google Now„: Mit dem bis ins Detail personalisierten Dienst versucht Google die Behinderungen auf dem Fahrweg zur Arbeit bereits vor dem Verlassen der eigenen vier Wände vorauszusagen, sortiert Suchergebnisse abhängig von der eigenen Geo-Position und versucht mögliche Infos – „Welche Termine stehen heute an?“ – auszuliefern, bevor ihr spezifisch nach diesen gefragt habt.
So persönlich wie möglich:
(Direkt-Link)Ganz witzige Features für ein Smartphone, so richtig Sinn machen die Vorhersagen jedoch erst auf der jetzt präsentierten Uhr. Google will den gedankenverlorenen Blick auf die aktuelle Zeit mit einem Hinweis auf Omas Geburtstag anreichern. Vorerst. Langfristig werden Werbebanner, (bezahlte) Restaurant-Empfehlungen und Angebots-Hinweise folgen.
Gleiches gilt für die Hot-Word-Spracherkennung. Ein Mikrofon, das immer lauscht, aber erst nach dem Aussprechen eines bestimmten Befehls aktiv reagiert… Eine Funktion die auf iOS und Android wenn überhaupt, dann unter „ferner liefen“ auftaucht – eine Uhr, wie die Moto 360 aber erst wirklich brauchbar macht.
Wir warten momentan gespannt auf den offiziellen Verkaufsstart der Moto 360. Wird sich die Android-Uhr langfristig auch mit dem iPhone anfreunden? Mit Hilfe einer speziellen App, einer stromsparenden Bluetooth-Anbindung und den von Apples unterstützten Standard-Protokollen auch als Wegbegleiter für Verbraucher anbieten, die fest im Eco-System Apples verankert sind?
Google, dies zeigen die App Store Anstrengungen des Suchmaschinen-Riesen, will das Gros der Nutzer begleiten und legt wenig Wert darauf woher die so eingesammelten Daten stammen. Apple jedoch – ihr erinnert euch an die Auseinandersetzungen der beiden Tech-Giganten in Sachen Google Voice und Google Maps – verweist den Mitbewerber Regelmäßig in seine Schranken.
Mit Vorstellung der neuen Produktkategorie Apples, dürften die beiden Widersacher dann auch in diesem Jahr noch mal beherzt aneinander rasseln. In der Motorola 360 manifestiert sich Googles Zukunfts-Vision einer rundherum vernetzten und in erster Linie von Google gespeisten, digitalen Realität.
(Direkt-Link)Die entscheidende Frage, die Apple mit seinem nächsten Produkt-Launch beantworten wird müssen, formulieren wir für uns wie folgt:
Macht Cupertino alles anders, oder alles zu spät?
Baut Cupertino mit schlechteren Werkzeugen (Siri, Apple Karten, iCloud) an einer ähnlichen Vision, oder bietet uns der iPhone-Fertiger eine Alternative zur digitalen Bevormundung durch vorsortierte Suchergebnisse an, die die Investition in das Produkt mit dem Apfel-Logo nicht nur geschmacklich sondern auch philosophisch zu rechtfertigen weiß?
Während das Android-Betriebssystem von Cupertino bislang wohl eher als Kiesel im Schuh, denn als wirklich große Hürde betrachtet wurde, setzt das Moto 360 erstmals Maßstäbe, die Apple in die Defensive drängen. Die Reaktion Tim Cooks auf Googles Versuch, das Smartphone langfristig überflüssig werden zu lassen, dürfte die Weichen für den anhaltenden Erfolg des seit 2007 tonangebenden Unternehmens sein.
Wir stellen schon mal das Bier kalt.