Apple Music hat ein Problem: Die iCloud Mediathek
48 Stunden nach dem Start von Apple Music sind die euphorischen Leserberichte zum Spotify-Konkurrenten aus Cupertino weitestgehend verstummt und einer kollektiven Katerstimmung gewichen. Dabei ist das Musik Streaming-Angebot eigentlich hervorragend gestartet.
Die drei Testmonate; die auch bisherige Streaming-Verweigerer zum Sprung ins akustische Nass überreden konnten. Ein gut bestückter Radio-Sender, der durch seine gleichzeitige Ausstrahlung in über 100 Ländern für eine weltumspannende Lagerfeuer-Romantik im Netz sorgte und das Web zu spannenden Diskussion über jede Anmoderation, jeden Jingle und jeden neuen Song motivierte. Preiswerte Familien-Tarife. Und, nicht zu vergessen: Das Versprechen, sich butterweich in den vorhandenen Geräte-Park aus Mac, iPad, iPhone und Windows-Rechner einzugliedern.
Inzwischen jedoch hat Apple Music ein Problem. Ein großes Problem. Die iCloud-Mediathek.
Genau genommen hat Apple Music sogar ganz viele Probleme, fast alle davon sind jedoch irgendwie mit der iCloud-Mediathek verzahnt.
Vielleicht fangen wir einfach mit einem Blick auf die bisherigen Beobachtungen an. In den vergangenen zwei Tagen haben sich nämlich ganze vier Baustellen herauskristallisiert, die den Einsatz von Apple Music weniger zu einem Spaziergang im Park und mehr zu einem angestrengten Spießrutenlauf werden lassen.
Apple erklärt die iCloud-Mediathek nicht
Ein Punkt den wir in unserem 7-Minuten Video zur iTunes-Aktualisierung das erste Mal angemerkt haben und beim heutigen Verweis auf das ebenfalls aktualisierte iOS-Benutzerhandbuch erneut unterstreichen mussten.
Derzeit existieren weder gesonderte Hilfe-Dokumente noch Support-Artikel zur neuen Musik-Ablage, die sowohl die Musik von Apple Music, die persönlichen iTunes-Käufe als auch die auf dem eigenen Rechner gesicherten Musiktitel beinhaltet und zudem auch noch um die Musikablage iTunes Match erweitert werden kann, solltet ihr über einen bezahlten iTunes Match-Zugang verfügen.
Die iCloud-Mediathek – je nach Anwendung auch mit iCloud Musikmediathek überschrieben – beinhaltet also eure Musik-Dateien und zeigt diese auf allen Rechnern und Mobilgeräten an, auf denen sie aktiviert ist.
Apple erklärt die Aktivierung der iCloud-Mediathek nicht
Doch was genau passiert, wenn die iCloud-Mediathek aktiviert wird? Auch hier hält sich Apple bedeckt, erklärt die Upload- und Matching Prinzipien nicht und bietet euch ausschließlich einen OK-Knopf an, mit dem sich die Mediathek – die komplett unabhängig von der iCloud Fotomediathek ist – anknipsen lässt. Weder lässt sich die iCloud-Mediathek über iCloud.com einsehen, noch bieten die OS X Systemeinstellungen ein gesondertes Konfigurations-Menü.
Ohne iCloud-Mediathek funktioniert Apple Music nicht
Fest steht: Ohne die Aktivierung der iCloud-Mediathek ist der neue Streaming-Dienst Apple Music so gut wie nicht zu gebrauchen. Weder lassen sich Wiedergabelisten anlegen, noch können Titel gespeichert bzw. für den Download zur Offline-Wiedergabe ausgewählt werden.
Solltet ihr die iCloud-Mediathek in den Systemeinstellungen noch deaktiviert haben, meldet sich bei fast jeder Aktion, die ihr in Apple Music anstoßen wollt ein nerviges Popup-Fenster und fordert euch zum Einschalten der iCloud-Mediathek auf.
Die iCloud-Mediathek zerschießt iTunes-Bibliotheken
Dies sollte jedoch bloß nicht unüberlegt abgenickt werden. So häufen sich die Berichte über komplett zerschossene iTunes-Bibliotheken mittlerweile mit rasender Geschwindigkeit. iTunes verwechselt Match-Inhalte mit normalen Songs, tauscht Album-Cover und Meta-Daten aus und fängt an gut gepflegte ID3-Tags durch eigene Informationen zu ersetzen. Probleme, bei denen auch der Apple Support in vielen Fällen nicht mehr weiter helfen kann und mehrere ifun.de-Leser auf (hoffentlich verfügbare) Backups verwiesen hat.
Zudem stellt euch eine aktive iCloud-Mediathek vor ein neues Problem.
Die iCloud-Mediathek führt den Kopierschutz wieder ein
So führt die iCloud-Mediathek den Apple Kopierschutz Fairplay wieder ein. ifun.de berichtete bereits heute früh über entsprechende Beobachtungen, die ganz langsam erklärt werden müssen um sich halbwegs nach vollziehen zu lassen.
Vielleicht hilft ein konstruiertes Beispiel beim Verständnis:
Stellt euch vor ihr habt eine jungfräuliche iTunes-Installation mit einem brandneuen Apple-Account, startet iTunes und aktiviert die iCloud-Mediathek. Jetzt rippt ihr eure Madonna-CD ins MP3-Format und lasst die Lieder von iTunes importieren.
Im geschilderten Fall sieht die iCloud-Mediathek eure Madonna CD auf dem Rechner und merkt sich, dass ihr im Besitz der Madonna-MP3s seid. Die Info wird auf alle Geräte verteilt die eurer Apple ID zugewiesen sind und sowohl der Büro-Rechner als auch iPhone und iPad haben nun Zugriff auf die Madonna CD. Soweit so gut. Solltet ihr die gerippten Original-Dateien jedoch vom ersten Rechner löschen (vielleicht geht dieser ja auch kaputt) dann legt euch die iCloud-Mediathek nur noch eine kopiergeschützte Version der Songs zum Download vor. Wer nun keinen Backup besitzt, hat schlechte Karten.
Warum? Gute Frage.
Warum? Gute Frage. Apple scheint die Umstellung zeitgleich mit dem Start von Apple Music vorgenommen zu haben, bleibt weiterführende Informationen aber schuldig. Entdeckt wurde die Abkehr von der DRM-freien Agenda eher zufällig. Zwar ist der Einsatz von DRM-Restriktionen bei heruntergeladenen Songs des Streaming-Angebotes durchaus nachvollziehbar, warum Apple die gleichen Einschränkungen auch auf privat gerippte Songs anwendet (ohne vorher explizit die iTunes Match-Alternative anzubieten) erschließt sich uns jedoch nicht.
Wir fassen noch mal zusammen: Ohne aktive iCloud-Mediathek lässt sich Apple Music nicht benutzen. Aktiviert man die iCloud-Mediathek kann es jedoch zu erheblichen Problemen mit iTunes kommen. Zudem dürft ihr euch beim Zugriff auf die Cloud-Ablage entweder über kopiergeschützte Songs freuen, oder müsst ein iTunes Match Abo abschließen, dessen Vorhandensein sich nirgendwo in Apples Gerätewelt visualisieren lässt.
Die Mischung an gesicherten Apple Music-Songs, persönlichen Match-Upload und etwaig gespeicherten Musikmediathek-Lieder lässt sich weder auseinanderhalten noch getrennt voneinander anzeigen.
Und das alles verwässert den Spaß an Apple Music dann leider doch ein wenig. Wie gesagt, Apple Music hat ein Problem: Die iCloud-Mediathek.