70 Sekunden zum Scrollen
Kritik aus Security-Kreisen: Bundesregierung verschickt Corona-SMS
Mit Beginn des neuen Monats ist die Bundesregierung jetzt dazu übergegangen Handy-Besitzer bei der Einreise nach Deutschland per SMS über die aktuellen Corona-Bestimmungen zu informieren. Seit dem 1. März versenden die deutschen Mobilfunknetzbetreiber dazu Kurznachrichten an Einreisende.
Grundlage für den Info-Dienst ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums § 36 Absatz 10 Satz 1 Nummer 3 des Infektionsschutzgesetzes in Kombination mit § 8 der Coronavirus-Einreiseverordnung.
In der Mitteilung an die Einreisenden verweist die Bundesregierung auf ihr Infoportal, dem sich tagesaktuelle Regelungen entnehmen lassen sollen. Im Volltext heißt es in der Corona-SMS.
„Die Bundesregierung: Willkommen/Welcome! Bitte beachten Sie die Test-/Quarantäneregeln; please follow the rules on tests/quarantine: https://bmg.bund.de/covid19“
Kritik aus Security-Kreisen
Ein Service-Angebot, das bereits die ersten Kritiker auf den Plan gerufen hat. So haben die Sicherheits- und Security-Forscher des „Reverse Engeneering Zentrums“ (ZERForschung) in einem ausführlichen Thread auf dem Kurznachrichten-Portal Twitter auf mehrere Schwachstellen und unverständliche Design-Entscheidungen der gut gemeinten Hinweismeldungen aufmerksam gemacht.
Zum Glück befindet sich direkt darunter ein Link zum RKI (natürlich mit eigener Cookie-Warnung), dahinter verbirgt sich eine Wall of Text mit allen Gebietsarten und Ländern aufgelistet… Keine Flaggen, keine Tabelle, kein Inhaltsverzeichnis.
(Ja, wir scrollen wirklich 1:10min!) pic.twitter.com/52GZ9OS5It
— zerforschung (@zerforschung) February 28, 2021
So würden Besucher des Info-Links von einer Textwand erschlagen, deren kontinuierliches Durchscrollen auf dem iPhone über 70 Sekunden in Anspruch nehmen würde – nur das Scrollen.
Zudem würden falsche Sprach- und Cookie-Einstellungen das Angebot behindern. Defekte Links in den Info-Dokumenten für Einreisende würden Phishing-Versuche möglich machen.
Um die Entscheidungen, die im Hintergrund zu dem jetzt gestarteten SMS-Info-Dienst geführt haben, besser zu verstehen, hat ZERForschung eine Anfrage an das Bundesministerium für Gesundheit gestellt und um alle Dokumente „zu Beauftragung und Umsetzung der Corona-SMS“ gebeten.