Schwerwiegende Vorwürfe
„FacePay“ in Moskauer Metro als Überwachungswerkzeug missbraucht
In der Moskauer Metro steht seit Ende vergangenen Jahres ein neues Bezahlsystem namens „FacePay“ zur Verfügung. Was als Komfortfunktion beworben wurde, scheint nun allerdings auch zur Überwachung und Unterdrückung der Bürger verwendet werden.
FacePay wird seit Oktober vergangenen Jahres für alle Nutzer der Moskauer Metro angeboten, nachdem das System zuvor in begrenztem Umfang getestet wurde. Nutzer müssen eine Telefonnummer und ein Zahlungsmittel hinterlegen, sowie ein Foto hochladen, auf dessen Basis die Gesichtserkennung dann vorgenommen wird. Anschließend öffnen sich die Zugangsschranken zu den Metrostationen wie von Geisterhand, sobald sich ein für FacePay registrierter Teilnehmer nähert und von dem System erkannt wird.
Komfortfunktion lediglich ein Alibi
Was Kritiker bereits zum Start des Systems zu besorgten Warnungen veranlasst hat, scheint sich nun zu bestätigen. So werden mittlerweile immer mehr Vorwürfe lauter, das System stünde nicht in erster Linie im Dienst der Kunden, sondern werde allem voran als Überwachungswerkzeug der Behörden verwendet. Russische Bürgerrechtler berichten über eine Häufung von Fällen, in denen Festnahmen und Unterdrückungsmaßnahmen auf einen Zusammenhang mit der Auswertung der Metro-Gesichtserkennung deuten.
Die Leute schreiben uns: 'Ich wurde in der Metro festgenommen' – und berichten, dass die Polizisten entweder auf das Gesichtserkennungssystem hingewiesen haben – oder auf eine Datenbank, in der die Person stehen soll. Sie erklären nicht, was für eine Datenbank das ist. Aber manchmal heißt es, die betreffende Person habe zuvor an Protesten teilgenommen und werde deswegen festgenommen. Oder sie sei im Internet aktiv gewesen und deswegen nehme man sie jetzt fest.
Einem Tagesschau-Bericht zufolge sind aktuell besonders Gegner des russischen Krieges in der Ukraine betroffen. So würden die Umstände von Festnahmen darauf hindeuten, dass die Betroffenen über biometrische Merkmale identifiziert wurden. Als Beispiel werden „vorbeugende“ Festnahmen im Vorfeld zu befürchteten Protestaktionen genannt, die teils direkt in der Metro erfolgten.
Kritiker stellen in diesem Zusammenhang aber auch klar, dass nicht die für das System genutzte Technologie an sich als Problem zu sehen sei, sondern deren Missbrauch durch den Staat und seine Behörden.