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Von wegen „offen“: Googles Airplay-Klon Chromecast stirbt einen langsamen Tod

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Als Google am 24. Juli seinen HDMI-Steckeradapter „Chromecast“ für den Fernseher in der Stube vorstellte, klangt das Produktversprechen großartig: Android-Nutzer, die $35 in den nur USB-Stick großen Fernsehadapter investieren würden, könnten sich den Kauf eines Apple TVs sparen, Videos zukünftig aus allen nur erdenklichen Quellen auf dem großen TV-Bildschirm abspielen und dürften sich endlich über ein Airplay-ähnliches Angebot für Googles Smartphone-Betriebssystem freuen.

Nur gut vier Wochen nach dem Marktstart des in den USA inzwischen auch in Elektro-Supermärkten erhältlichen Dongles, setzt momentan jedoch die große Ernüchterung ein. Denn genauer betrachtet, sorgt sich Googles „Chromecast“ nicht um eine einfache und vor allem drahtlose Video-Übertragung von den iOS-Konkurrenten zum Fernseher, vielmehr hat Google sein seit Jahren nur schleppend an Fahrt gewinnendes Google TV-Projekt in ein neues Gehäuse gequetscht.

Wir erinnern uns an Googles Eric Schmidt, der im Dezember 2011 fest davon ausging, bereits im letzten Jahr mehr als die Hälfte aller angebotenen Fernseher schon ab Werk mit der Google TV-Komponente auszustatten:

„By the summer of 2012, the majority of the televisions you see in stores will have Google TV embedded in it“

Ein ambitionierter Plan, aus dem leider nichts geworden ist.

chromecast

Bei Google hat man sich im vergangenen Jahr also die folgende Frage stellen müssen: Was tun, wenn die TV-Hersteller nicht für die Verbreitung der eigenen Idee von der „future of television“ sorgen? „Chromecast“, der fast schon gratis verteilte HDMI-Stick scheint als Antwort ausgewählt worden zu sein. Ein Produkt, das nett beworben und mit einer schwammigen Funktionsbeschreibung versehen, sicher Abnehmer finden würde und sich langfristig schneller in den Wohnzimmern der Werbe-relevanten Zielgruppe breitmacht, als die neuen Fernseher, von denen weit mehr als die Hälfte nicht mal im Sommer 2013 mit integrierter Google TV-Funktion ausgeliefert werden.

Googles „Chromecast“ schlug Ende Juli in den Läden auf und sorgte bereits im ersten Anlauf für viele enttäuschte Gesichter. Anders als die Präsentation auf der Webseite vermuten ließ, konnte der Stick nicht als Airplay-Alternative für Android-Geräte verwendet werden, sondern spielte ausschließlich die Inhalte ab, deren Rechteinhaber sich für eine Content-Partnerschaft mit dem Suchmaschinen-Riesen entschieden hatten. Netflix? Kein Problem. Youtube? Natürlich. Das Anleitungsvideo aus meiner Koch-Trainer-Applikation? Nein. Im Chromecast-Land sollten die Android-Geräte zu dummen Fernbedienungen degradiert werden, die hauptsächlich zur Eingabe von Nutzerkonten bestimmt sein sollte.

Wenige Wochen nach denen sich die ersten enttäuschten „early adopter“ im Netz zu Wort meldeten, lieferte die Entwickler-Community Vorabersionen frisch erdachter Android-Applikationen ab, die „Chromecast“ um die offensichtlich fehlende Airplay-Funktion erweiterten.

Bestehende Funktionen aktiv sabotiert.

Eine der bekannteren: AllCast. Die Applikation, die sich unten im Video vorstellt, beamte beliebige Videos direkt vom Android-Smartphone zum „Chromecast“-Stick im Fernseher und sorgte so auch im iPhone-abstinenten Lager für eine einfache und vor allem preisgünstige Verbindung zwischen Wohnzimmer-Flimmerkiste und Smartphone.

Sorgte…

Mit der letzten Aktualisierung des „Chromecast“-Sticks hat Google die Unterstützung für selbstprogrammierte Anwendungen wie AllCast komplett gestrichen und aktiv für die Integration neuer Schutzmechanismen gesorgt, die ausschließlich Video-Inhalte von registrierten Partnern an das TV-Gerät übergeben. Eine zusätzlich eingeführte Whiteliste legt all jene Provider fest, die sich mit dem HDMI-Stick verbinden dürfen. Private Entwickler will man auf dem Fernseh-Stecker nicht sehen.

Der AllCast-Entwickler Koushik Dutta hat sich inzwischen zu Wort gemeldet und geht davon aus, dass Google den „Chromecast“-Stick – auch wenn die Produkt-Werbung anders interpretiert werden konnte – nie für das Zusammenspiel mit Drittanwendungen vorsah. Die nach und nach sabotierte Funktion wurde nicht wegen Performance-Schwächen oder Fehlern im Einsatz abgeschafft, Google errichtete eine gezielte Schutz-Infrastruktur, die die freie Nutzung des TV-Sticks unmöglich machen sollte.

Dutta schreibt:

Google TV (yes, Chromecast is from the GoogleTV team) has a storied history of releasing closed off products, only allowing access to select partners and media companies. I was fairly certain that Chromecast would be no different. My suspicions were confirmed today. […]

Chromecast shipped with no default media player app, or any way to play your own content. As I demonstrated, this is actually very easy to implement. The fact that it did not ship with this by default was likely calculated. They don’t want you playing your own content.

Google hat inzwischen mit einem ausweichenden PR-Statement auf die kritischen Stimmen aus der Community reagiert.

We’re excited to bring more content to Chromecast and would like to support all types of apps, including those for local content. It’s still early days for the Google Cast SDK, which we just released in developer preview for early development and testing only. We expect that the SDK will continue to change before we launch out of developer preview, and want to provide a great experience for users and developers before making the SDK and additional apps more broadly available.

Ein Wischi-Waschi Text der zwei neue Fragen laut werden lässt: Wenn Googles „Chromecast“ noch so unfertig und so wenig durchdacht ist, warum gibt es den Dongle dann bereits im Elektro-Markt ums Eck zu kaufen? Und: Wenn Google „excited“ ist, auch lokale Inhalte zu unterstützen, warum unternimmt der Such-Monopolist so viele Anstrengungen, eben diese Funktion zu deaktiveren.

Die peinliche Chromecast-Episode erinnert uns an Googles Versprechen, an einer offenen Alternative zum iPhone-Ecosystem zu arbeiten.

Von wegen „offen“…


Allcast im Video:

(Direkt-Link)

Google Chromecast Werbespot:

(Direkt-Link)

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27. Aug 2013 um 09:52 Uhr von Nicolas Fehler gefunden?


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