Kritik von Kassenärztlicher Vereinigung
Nach Gutachten: Verschreibung von Gesundheits-Apps nicht empfohlen
Seit Herbst 2020 haben Ärzte die Möglichkeit sogenannte Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) zu verordnen. Die Apps auf Rezept kosten die Krankenkassen viel Geld, werden gerne in Regionen verschrieben, in denen die App-Anbieter selbst beheimatet sind und werden medizinisch schon länger hinterfragt.
Apps auf Rezept: Ein Projekt des ehemaligen Gesundheitsministers Spahn
Ein aktuelles Gutachten bemängelt jetzt die fehlende Evidenz bei den am Markt angebotenen Gesundheits-Apps.
Das Gutachten wurde im Auftrag des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) von Experten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Technischen Universität Berlin erstellt und kritisiert unter anderem, dass es den als Medizinprodukten ausgewiesenen DiGAs vielfach an wissenschaftlicher Tiefe fehlen würde – entsprechend schlecht ließe sich die Evidenz bewerten, was die Wirksamkeit der unterschiedlichen Gesundheits-Apps angeht.
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Verordnung nicht empfohlen
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns hat nach dem Sichten der jetzt vorliegenden Analyse drastische Konsequenzen gezogen und empfiehlt ihren Mitgliedern, von der Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen abzusehen.
- PDF-Download: KVB Gutachten – DiGAs-Bewertung
Problematisch sei unter anderem, dass die Wirksamkeitsstudien, mit denen sich die Anbieter der unterschiedlichen DiGAs um einen Verbleib in der Versorgung bemühen würden, oft keinen wissenschaftlichen Standards genügen und „folglich keine Grundlage haben, in Bezug auf die Wirksamkeit dauerhaft in die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung zu gelangen“.
Die Kassenärztliche Vereinigung gibt zudem zu bedenken, dass vorläufig zugelassene DiGAs satte zwei Jahre Zeit haben, den Nachweis über ihre Wirksamkeit zu erbringen. Ein Zeitraum, in dem die Anwendungen unter Umständen sogar Schäden verursachen könnten.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns kommentiert das Studienergebnis:
[…] Insofern würden aktuell Krankenkassenbeiträge für digitale Anwendungen fragwürdigen Nutzens ausgegeben, die an anderer Stelle im Gesundheitswesen dringend gebraucht würden. Die DiGA seien aktuell nicht mehr als „eine reine Projektionsfläche für die Hoffnungen auf eine zeitgemäße Digitalisierung im Gesundheitswesen“. Der Nachweis eines medizinischen Nutzens ist angesichts der ungenügenden wissenschaftlichen Tiefe der Wirksamkeitsstudien vielfach nicht erbracht. Die Bundespolitik ist nun gefordert, den wissenschaftlichen Erkenntnissen Gehör zu schenken und bei den Aufnahmekriterien der Gesundheits-Apps in das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nachzubessern.