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Eine Zumutung

Springers neue Nachrichten-App KOMPAKT ist ein Desaster

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48 Kommentare 48

Halbnackte Fotos vom dicksten Mann der Welt – gestern gestorben, egal. 10 sexy Promi-Frauen. Die Info, dass Ausländer irgendwo in der dritten Welt zu wenig Geld verdienen. Das Zitat des Tages von Papa Schlumpf und hastig kopierte Twitter-Fotos von Babys mit angemalten Augenbrauen.

Die heute vom Springer-Verlag vorgestellte Nachrichten-App KOMPAKT ist ein Desaster.

kompakt

Die wild zusammengewürfelten Nachrichten-Häppchen sind fast ausnahmslos weniger informativ als die Rückseite einer blindlings gegriffenen Shampoo-Flasche – die Artikel-Kärtchen, auf denen oft nur drei bis vier Sätze pro Eintrag abgedruckt sind, so anspruchslos formuliert, dass sich jeder Nutzer der heute ausgegebenen „Nachrichten-App für die digitale Generation“ zurecht in seinem Intellekt verhöhnt fühlen darf.

Beispiel gefällig? Vielleicht etwas Passendes zu eurem Interessengebiet? Die KOMPAKT hat sich den gestern aufgekommenen Gerüchte über Apples möglichen Einstieg – ifun.de berichtete – in den Produktbereich der Heimautomatisierung angenommen.

Der ungekürzte Eintrag aus der KOMPAKT – einer App mit der Springer jetzt den 10. Geburtstag der WELT Kompakt feiert – liest sich wie folgt:

iPhone wird bald zur Fernbedienung im Haushalt: Nächste Woche will Apple eine erste Heimautomatisierung vorstellen. Das wurde jetzt auf der Entwicklerkonferenz WWDC bekannt. Das iPhone soll dann erstmals als Fernbedienung für den Haushalt dienen. Künftig sollen mit dem iPhone fast alle Geräte im Haushalt gesteuert werden: Vom Licht, über die Sicherheitssysteme bis hin zum Toaster.

Wirklich! Ihr dürft nicht vergessen, dass hinter der App keine Kids sitzen, die heute mit dem Bloggen angefangen haben. Im Gegenteil. Ulrich Machold, KOMPAKT-Verantwortlicher bei Axel Springer, formuliert die hochgesteckten Ziele, die mit dem Team aus studierten Journalisten erreicht werden sollen: „Mit KOMPAKT möchten wir ausprobieren, wie Journalismus aussehen kann, der ausschließlich für die Plattform Smartphone gemacht ist.

Wenn uns die KOMPAKT wirklich einen Blick in die Zukunft des journalistischen Erzählens bietet, dann rettet eure Kinder.

fett

Wirklich dramatisch ist jedoch nicht die Bescheuerten-Berieselung – auch wir können uns mit Formaten, die nicht informieren sondern vor allem unterhalten wollen, durchaus anfreunden. Auch die offensichtliche Abstinenz von redaktioneller Kontrolle ist geschenkt. Traurig macht die Tatsache, dass das zusammenkopierte Twitter-Einerlei in einer der schönsten und am sorgfältigsten durchdachten Applikationen der vergangenen Monate ausgeliefert wird.

Die verantwortlichen Programmierer der KOMPAKT-App haben ganze Arbeit geleistet, sich an den Auftritten Yahoos, der ARTE und der Reuters-App orientiert und einen sagenhaft gut bedienbaren News-Reader gebaut, der nun unter den miserablen Inhalten seiner Schreiber bzw. seines Schreibers (der gebotene Umfang könnte auch von einer Person abgedeckt werden) zu leiden hat.

Die stark verkürzten Übersetzungen amerikanischer Web-Fundstücke „Der Nutzen und Schaden von Selfies„, die Artikel-Illustrationen in bester BILD-Manier und die inflationär eingesetzten Zitat-Boxen zum Füllen der ohnehin schon kleinen KOMPAKT-Seiten machen euch nach einer Tour durch die momentan noch kostenlose Anwendung dümmer, als eine halbe Stunde RTL 2 in der Nacht vom Sonntag zum Montag.

Wir haben KOMPAKT erwartungsfroh geladen und sind sowohl vom Aufbau der 12MB großen App als auch von ihrer Artikel-Navigation begeistert – inhaltlich müsste das App Store-Experiment jedoch nicht nur nachbessern, sondern sein gesamtes Buzzfeed-Konzept über Bord werfen.

App Icon
App Not Found
Seller Not Found
Free
19.73MB

Die Welt ist zu Komplex um den Machtkampf Springer vs. Google auf ein Döpfner-Zitat zu reduzieren. Ehrlich. Und KOMPAKT, dies sollten wir an dieser Stelle vielleicht auch erwähnen, versammelt keine Anreißer, die auf längere Texte verlinken, die App beschränkt sich konsequent auf ihre 20-Wort-Einträge.

Die Diskrepanz zwischen der KOMPAKT-App und dem von ihr angebotenen Inhalt lässt sich am besten mit einer Analogie aus eurem Geschirrschank beschreiben: Wenn wir uns die App als Tasse vorstellen, als die schönste Tasse, die euer Esszimmer-Schrank hergibt. Aus einem wertigen Material, handwerklich makellos verarbeitet, getragen von einem perfekt geschwungenem Griff und handbemalt mit euren Lieblingsfarben. Dann gleicht der Inhalte einem Schluck Brackwasser aus dem Auffangbecken eines vernachlässigten Klärwerkes. Im Osten der UDSSR. 1970.

Die 30 Artikel der 1. Ausgabe

700haps

Verdammt schade. Und jetzt?

Ihr könnt die KOMPAKT während der Startphase kostenlos testen und auf den unausweichlichen Start des Abo-Modells warten – zum Test vorausgesetzt werden iPhones der vierten bzw. fünften Generation und mindestens iOS 7.0. Neue Inhalte erreichen euch dann mehrmals am Tag.

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27. Mai 2014 um 17:27 Uhr von Nicolas Fehler gefunden?


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    48 Kommentare bisher. Dieser Unterhaltung fehlt Deine Stimme.
  • Klasse Bewertung! So ist die Springer Presse halt, wer es liest ist selber schuld

    • Ich auch, diese brillante Sprache ist wirklich ein Genuss!

    • Was habt ihr denn von denen erwartet? Die vom Springer-Verlag aufgekauften Fittness-Apps RUNTASTIC sind mittlerweile ebenfalls ein Desaster. Die sinnvollen Funktionen werden immer mehr beschnitten (z.B. Ghost Run) und immer mehr Werbung, Bewertungsaufforderungen und Hinweise auf die kostenpflichtige mit InAppKäufen gespickte Version werden eingebaut. So sind die Apps von Axel Springer! Braucht man alle nicht.

      • Der Springer Verlag schafft es nicht einmal seine Nachrichten Apps für das iPad optimiert anzubieten. Peinlich! Bei den Runtastic Apps sehen die Auswertungen auf dem iPad genauso schrecklich aus. Da sollten sie selbst beim Aufbau mal nachbessern und direkt UniversalApps entwickeln! Entwickelt der Verlag überhaupt selbst?

  • Mehr muss man dazu nicht sagen.
    Die Versuche, die Bevölkerung in dieser Art zu verblöden, müßten eigentlich Konsequenzen haben.

  • Welch herrlich vernichtende Rezension!
    Schöner Artikel.

  • Das war jetzt aber schon eine ziemliche Beleidigung – für das arme Brackwasser im Klärbecken! ;-)

    • Als Alternative würde ich sie erst dann bezeichnen, wenn sie Inhalte vorweisen kann.
      Im Moment ist es „noch“ Produktinformation. Quasi der Aufruf zum „Sackkatzenkauf“.

      • Alle Journalisten stellen sich vor, zua llen gibt es links zu deren Webeiten und Arbeitsproben. Vernünftiger Journalismus darf gerne 60 Euro kosten und man darf auch gerne mal ein Risiko eingehen. Oder eben 1 Euro die Bild bezahlen, da weiß man, was man hat

  • Nachrichten von Springer sind immer eine Zumutung. Ob mit oder ohne App.

  • Passt schon für die Herden an den Schulen die für die nächste Generation Zeitarbeiter herangezüchtet werden. Ich bin jetzt 2 Monate mit öffentlichen Verkehrsmittel gefahren. Was man da sieht hört riecht fühlt ist unglaublich. Ich werde alt. Aber das hat mich umgehauen. 21-jährige die Probleme haben einen Fahrplan zu lesen. Geschweige eine Strecke zu berechnen. Kiffen an Haltestellen inkl dem kleinen Deal. Letztendlich passt die Artikulation zu dieser App.
    Wundert mich nicht!

  • Man sieht, wie doof die Menschheit ist. 60 5 Sterne Bewertungen bisher. Traurig.

  • Ich habe sie geladen und soooo schlecht ist sie nicht. Was die Inhalte angeht, kann man sich streiten, man muß ja nicht alles lesen. Der Hausautomationsartikel wurde wohl geändert, jetzt stimmt er inhaltlich.

    Mir missfällt das ich nicht Themen aus oder einstellen kann, denn so Berühmtheitenzeug interessiert mich nicht (Giselas Werbeverträge, die neue Perücke von Madona usw…)

    Am allermeisten nervt aber der Fratzenbuchbutton, für mich als FB Hasser ein Affront.

    Den müsste man optional machen können.

  • Naja, nicht die App ist das Disaster sondern Springer und seine Kundschaft im allgemeinen …

  • „…die mit dem Team aus studierten Journalisten erreicht werden sollen“.
    Das macht auch keinen Unterschied, denn das ist mittlerweile Standardvoraussetzung für die Zugang zu dem redaktionellen Bereichen (mit Ausnahme extrem seltener Fälle).
    Jedoch ist mit dem Abschluss eines Bachelors (Abi-Plus) nicht viel mehr erreicht als ohne. Insofern kann sich das wohl in die Reihe euer als „geschenkt“ bezeichneter Dinge einreihen.

  • Der ganze Springer Verlag ist ein Desaster!!! Ach, was sage ich, fast der gesamte deutsche Journalismus ist ein Desaster. Ich lese und gucke überhaupt nix mehr an Nachrichten. Fühle mich wesentlich besser informiert, wenn ich die Glotze/das iPad aus lasse und ein paar Fachbücher zu Themen wie Massenpsychologie, NATO oder 1. Weltkrieg lese.

  • Hab noch nie bei euch kommentiert, lese aber gerne und regelmäßig seit ich meinen 3. gen iPod hatte (2005?) und das hier noch ipodfun.de hieß. Erstmaliger Kommentar jetzt, weil ich euch doch mal loben wollte. Die Kombination aus Eloquenz, Intelligenz, Kritik- und kritisierungsfähigkeit in der fanboy-Welt (ich bin auch schuldig…) ist definitiv euer Alleinstellungsmerkmal und hebt euch deutlich ab. Merci

  • übrigens ist der Begriff „Brackwasser“ an dieser Stelle unkorrekt.
    Brackwasser ist nicht Schmutzwasser oder Abwasser, sondern Salzwasser mit geringem Salzgehalt, wie es etwa am Meer in Flußmündungen ensteht wo sich Salz- und Süßwasser vermischen.

    Als Fischkopf lege ich aber Wert darauf.

    Ansonsten wird der Artikel wohl den Nagel auf den Kopf treffen, wobei man noch anmerken könnte, daß aus dem Hause Springer wohl auch nichts anderes zu erwarten war.

  • Der ungekürzte Eintrag aus der KOMPAKT, einer App mit der Springer jetzt den 10. Geburtstag der WELT Kompakt feiert, ließt sich wie folgt:

    Bitte nach App einen Beistrich und ließt mit s. Alles andere kann man unterschreiben. Danke für eure Arbeit.

  • „Das wurde jetzt auf der Entwicklerkonferenz WWDC bekannt.“
    Hab ich was verpasst?

  • Ihr schreibt hier ganz schön negativ! Ich finde das unglaublich toll! Der Journalist kann in die Zukunft sehen! Jeder Apple-Anhänger weiß: die WWDC beginnt 2. Juni 9:00 Uhr (19:00 Uhr deutscher Zeit) mit einer tollen Keynote vom CEO und vielen Apple- und externen Mitarbeitern. Hier wird aber geschrieben, Apple habe das bereits vorgestellt. Nur schade, dass die Spannung nun dahin ist!

    ***Sarkasmus Ende***

  • Habe mir die App auch mal geladen. An sich okay. Könnte vielleicht echt länger sein, aber passt schon! Und der Fehler zur WWDC ist etwas verbessert…

  • Ich für mein Teil bin Springer zutiefst dankbar: Ohne diese App hätte es ja nie diesen herrlichen Artikel gegeben!

  • Ich habe mir mal die Bewertungen der App angeschaut, irgendwie komisch fast nur positive Bewertungen und fie Wortwahl entspricht nicht dem typischen Bildleser.

  • also was springer angeht.. diesen namen bringe ich ehrlich gesagt nicht mit begriffen wie presse oder gar journalismus in verbindung… und schon gar nicht mit qualität… mir fällt zu springer und allen voran BILD nur eines ein
    VOLKSVERDUMMUNG
    nicht mehr und nich weniger …!!!

  • Wie wäre es im Artikel und den Kommentaren vom Axel-Springer Verlag zu sprechen? Der Springer Verlag ist ein Wissenschaftsverlag, der nichts mit Bild/Welt zu tun hat!

  • Klasse App.!!!! Hier gehen die Meinungen eben auseinander. Super für schnell mal zwischendurch Aktuelles zum Mitreden, darum geht es doch.

  • Brackwasser ist eine Mischung aus Salz- und Süßwasser, völlig unekelhaft und wertfrei. Die ganze Ostsee ist voll davon, im Klärwerk ist es hingegen eher nicht anzutreffen.

  • Marcel Dunkelberg

    Also ich finde ich Kompakt-App eigentlich ziemlich gut. Die Inhalte haben sich mMn sehr verbessert und das hervorragende Bedienkonzept wurde noch etwas verbessert um schneller durch die App blättern zu können. Mich würde nur mal interessieren woher dieser „Springer“ Hass kommt? Nur weil die auch die BILD rausbringen? Ich lese einige Tageszeitungen (wenn auch fast nur noch digital – hier sticht übrigens auch wieder die WELT mit einer der besten Nachrichten-Apps die ich kenne, hervor) finde mich aber gerade in mit der „Welt“ gut informiert. Keine Zeitung berichtet „objektiv und ohne Färbung“ das fängt schon beim bewerten Pressemeldungen und/oder der journalistischen Recherche an und hört beim Layouten der Seite 1 auf. Nein, ich arbeite nicht für die Springer Gruppe.

  • Mensch Leute Ihr müßt viel Zeit haben (ich als Rentner nicht) schaut lieber am Tag einmal im TV die Nachrichten an ………
    dann wisst ihr wie es um uns steht. Da muß was gemacht werden……….

    rudl.
    Trotzdem ein gutes u. zufriedenes Jahr 2015.

  • Redet mit. Seid nett zueinander!

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