Carsharing mit dem iPhone: „Drive Now“ in Berlin. Ein Erfahrungsbericht. 3 Videos.
Im Sommer haben wir das Call-A-Bike Angebot der Deutschen Bahn gelobt, zu Beginn der kalten Jahreszeit angefangen nach Alternativen Ausschau zu halten. Jetzt sind wir bei dem iPhone-gesteuerten Carsharing Joint-Venture des Autovermieters Sixt, BWM, Mini und der Münchner DriveNow GmbH gelandet. Ein Erfahrungsbericht.
Die Fehler der Bahn
Den ersten Kontakt mit Drive Now, hatten wir bei einem der zurückliegenden Weihnachtsessen. Irgendjemand erzählte beim Zwiebelschneiden in der Küche von einer iPhone-App, mit der sich die Warnblinklichter von Mietwagen zum Leuchten bringen lassen würden. Eine Info – immerhin könnte der kleine Gag interessant für ifun.de sein – die wir uns kurz notiert, im gleichen Atemzug jedoch, beim Griff zur nächsten Zwiebel, wieder zur Seite gelegt haben. Drei Tage später, der erste Abstecher zu Drive Now. Die Webseite der Münchner bzw. deren Selbstbeschreibung macht einen unkomplizierten Eindruck: Sowohl in München als auch in Berlin seien mehr als 150 Fahrzeuge im Kernbereich des Stadtgebietes platziert. Die Wagen – Drive Now setzt ausschließlich auf den Mini und den 1er BMW – sollen sich jederzeit gegen eine Minutenpauschale leihen, starten und fahren lassen. No strings attached.
Ein ganz nettes Angebot, das wir ohne den 3. Absatz der Nutzungsbedingungen jedoch nicht wahrgenommen hätten. Immerhin steht der eigene Wagen vor der Tür. Doch die Vorgabe „überall abstellen“ lässt uns dann doch auf den Anmelden-Button klicken.
Im Gegensatz zur Bahn, die ihr Fahrrad-Angebot erst im Mai auf eine Handvoll zentraler Parkplätze zusammengestrichen hat, bietet Drive Now eine alltagstaugliche Variante. Fahr’ hin wo du willst und lass den Wagen einfach stehen. Die Entscheidung war getroffen, dieser Erfahrungsbericht schon halb geplant. Wir registrieren uns.
„Große Hürden bei der Anmeldung“
Durch 1Password (Mac App Store-Link) an die automatische Ausfüllung langer Online-Formulare gewöhnt, hat Schritt 2 der Drive Now Anmeldung unsere Zuversicht schon wieder über Bord geworfen. Obwohl das Online-Formular bereits den Personalausweis, die Führerscheinnummer und die Kreditkarte-Infos für die einmalige Anmelde-Gebühr von 29€ kannte, wurden wir zur nächsten Sixt-Filiale bestellt. Erst mit dem RFID Funkchip-Aufkleber auf dem Führerschein und dem Personen-Check durch einen Sixt-Mitarbeiter könne der Registrierungsprozess abgeschlossen werden…
„Minutenpreise, Parken und Versicherungen“
Also ab zu Sixt. Der Aufenthalt in der Filiale nimmt vielleicht 4 Minuten in Anspruch. Der obligatorisch gelangweilte Mitarbeiter hat auch im zweiten Anlauf Probleme den Aufkleber ohne Eselsohren auf den Euroführerschein zu kleben. Ansonsten fast stressfrei.
Selbstverursachte Unfälle werden mit einer Selbstbeteiligung von bis zu 750€ geahndet – die optionalen Versicherungen – 99€ im Jahr reduzieren die Selbstbeteiligung auf 350€, 199€ auf 0€ – lassen wir links liegen. Schuld sind eh’ immer die Anderen.
Bewaffnet mit dem Drive Now-Flyer widmen wir uns den Preisen. Die Minute Fahrzeit kostet pauschal 29 Cent und wird von der Kreditkarte abgebucht. Wer Minutenpakete kauf (100 für 26€ und 500 für 120€) zahlt netto weniger, muss jedoch in Vorkasse treten. „Reserviert“ geparkt werden kann der Wagen für 10 Cent pro Minute. Sowohl der Sprit als auch die Kosten für die Parkraumbewirtschaftung – wenn man die Karre auf der Friedrichstrasse abstellt – sind inklusive. Los gehts.
„Der Mietablauf“
Endlich kommen wir zum iPhone. Der komplette Mietablauf wird über die kostenlos erhältliche iPhone-App (AppStore-Link) gesteuert. Vor der Sixt-Filiale ziehen wir das Gerät aus der Tasche, lassen uns orten (Video 1) und staunen über 14 fußläufig zu erreichende Fahrzeuge. Die Anzahl der freien Autos hält sich hoffentlich noch ein paar Jahre.
Die verfügbaren Autos werden mit Tankfüllstandsanzeige und voraussichtlichem Fußweg gelistet und können auf Knopfdruck 15 Minuten reserviert werden. Das reicht zur Abholung.
Am Auto angekommen können wir nun auch die Warnblink-Automatik, das Killer-Argument vom Weihnachtsessen, nutzen. Auf dem iPhone angeklickt, meldet sich der Wagen mit einem Lichtsignal. Living the Future, oder so.
Geöffnet wird das Fahrzeug mit dem Führerscheinaufkleber (Video 2). Drei Sekunden an die Frontscheibe halten und die Zentralverriegelung springt auf. Im Fahrzeuginneren meldet sich dann der Bord-Computer. „Hallo Nicolas, bitte gib deine PIN-Nummer ein“. Auch so eine Info die wir bei der Erstregistrierung anlegen mussten. Ist der PIN-Code eingegeben kann gefahren werden. Eine Minuten-Anzeige fehlt leider, dafür bietet der Fahrzeug-Computer Googles Strassen-Navigation an. Wir bestätigen die Innenraum-Sauberkeit und die Unfall-freiheit (beides ohne wirklich nachzusehen, das Auto macht einen ganz fitten Eindruck) und fahren von der Sixt-Filiale einfach nur nach Hause.
Im Wagen können Radio, USB-Steckplatz und CD-Slot zur Beschallung genutzt werden (haben wir alles nicht mit), eine Bluetooth-Schnittstelle für Handys (haben wir mit) fehlt aber.
Am Ziel, nah am Rand des Kernbereichs angekommen – das Fahrzeug kann überall außer in Parkhäusern abgestellt werden – gibt es dann das erste Problem. Auch nach der Quittierung des Fahrt-Endes leuchtet die kleine LED an der Frontscheibe rot und nicht grün. Der Anruf im Call-Center klärt auf: „Nachdem Sie geparkt haben muss die Fortschrittsanzeige im Bord-Computer einmal bis 100% durchlaufen. Ansonsten glaub das Auto, sie wollen nur paken.“ Noch mal eingestiegen, eine Minute gewartet, fertig. (Video 3)
Uns kosten die 20 Minuten vom der Sixt-Filiale am Wittenbergplatz 5,80€. Die U-Bahn hätte 2,30€ veranschlagt, das Taxi wohl einen Zehner.
Zu Hause angekommen schlägt noch eine eMail auf. Weil wir nicht auf den Fortschrittsbalken gewartet haben, wird die Kreditkarte noch mit zusätzlichen 39 Cent belastet – vier Minuten Parkgebühr.
Davon abgesehen scheint sich die Drive Now-Registrierung gelohnt zu haben. Silvester können wir zur Party mit dem 1er, zurück dann mit dem Taxi. Einmal registriert fällt beim nächsten mal auch der ganze Sixt-Stress weg.