Gescheiterte Experimenten aus 2016
Adressleiste unten: Google Chrome entschied sich dagegen
Chris Lee, Produktdesigner in New York und von 2013 bis 2020 als Interaction Designer in Googles zumindest anfangs noch ganz überschaubaren Chrome-Team aktiv, erinnert sich in seinem Blog an ein Experiment, in dessen Verlauf man die Adressleiste des mobilen Browsers an den unteren Bildschirmrand verlagert hat. Also in etwa so, wie es Safari unter iOS 15 gerade auf dem iPhone probiert.
Googles UI-Experiment „Chrome Home“
Das Experiment startete 2016 unter dem Arbeitstitel „Chrome Home“ und wird von Lee als ehrgeizige Neugestaltung der gesamten Chrome-Benutzeroberfläche beschrieben.
Damals registrierten die Chrome-Entwickler den eindeutigen Trend hin zu größeren Smartphone-Modellen und überlegten, wie man am besten auf die längeren Wege, die die Finger zum Erreichen der einzelnen Bedienelemente nun zurückzulegen hatten, reagieren sollte. Zudem suchte man nach Wegen, den immer größeren Funktionsumfang des mobilen Browsers einfach zugänglich zu machen. Die wachsende Anzahl an Features sollte schnell erreichbar sein und sich nicht hinter nichtssagenden Menüs mit drei Punkten verstecken.
Intern ein Hit
Was Chris Lee daraufhin ablieferte entwickelte sich Google-intern schnell zum Selbstläufer und erfuhr so viel Zuspruch, dass fast die gesamte Chrome-Oberfläche der neuen Idee auf den Leib geschneidert wurde: Die Adressleiste wanderte an den unteren Bildschirmrand.
Die Rückmeldungen aus der Anwender-Community fielen hingegen durchwachsen aus. Der durchschnittliche Nutzer fühlte sich von den Anpassungen eher desorientiert. Schnell wurde klar: „Chrome Home“ hatte Potenzial, war aber weit davon entfernt allen Anwendern zu einem produktiveren Alltag zu verhelfen.
Auch Chris Lee argumentierte letztlich gegen das Projekt, das daraufhin nie das Licht der Welt erblicken sollte:
[…] Deshalb habe ich mich, genau so engagiert wie bei der Vorstellung des ursprüngliche Konzepts, dafür eingesetzt, dass wir die Markteinführung stoppen – was nicht wenige Diskussionen erforderte.
Chrome Home ist für mich und das gesamte Chrome-Team eine Lektion gewesen was Neugestaltungen von großem Umfang angeht. Einige mögen argumentieren, dass wir so etwas nie hätten versuchen sollen; andere sagen, dass wir es hätten durchziehen sollen. Ich stehe zu dem Ansatz, den ich hier gewählt habe: Mutig sein, aber auch bereit sein, den Nutzern zuzuhören und sich selbst zu hinterfragen.