Frau will spielen
Ich bin am Wochenende sechs Stunden mit der Bahn unterwegs. Auf Solitäre habe ich keine Lust mehr, Baphomets Fluch habe ich durch, Threes hängt mir zum Hals raus und Bejeweled ist nicht mehr das, was es einmal war. Was könnt ihr mit empfehlen? Ihr kennt euch doch aus mit Apps…
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Eine Frage die Abends beim Bier im Freundeskreis fiel. Ausgesprochen von einer ebenso schlauen wie sympathischen Mittdreißigerin, die nach dem stundenlangen Bummel durch Apples Software-Kaufhaus keine Lust mehr auf das blinkend-bunte Müllangebot an Freemium-Titeln hatte; das zu weiten Teilen zudem auf eine Zielgruppe in der Altersklasse 13+ abzuzielen schien. Keine Wertung, nur eine Beobachtung.
Die Stimme übrigens: sichtlich frustriert von zahlreichen App Store-Downloads, die entweder mit einer zu komplexen Spiel-Mechanik enttäuschten, mit Timern und ablaufenden Ziel-Zeiten hetzten, gut versteckte Kauf-Aufforderungen präsentierten oder einfach nur einfallslos und zu simpel gestrickt waren.
Kurz: Die uns gegenüberliegende Seite des Kneipentisches wartete auf eine substantielle Antwort und brauchbare Spiel-Empfehlungen für die anstehende Reise. Eine Aufgabe, die grundsätzlich zu absolvieren sein sollte. Listen mit guten Spiele-Empfehlungen haben wir in den vergangenen Monaten ja immer mal wieder eingestreut. Auf die Schnelle fallen uns etwa diese beiden Kompilationen ein:
Bunt gewürfelte Hinweise an anonyme Leser, die qualitativ über dem Durchschnitt verortet sind, viele Geschmäcker treffen sollen aber dennoch das Risiko birgen, eben nicht zu gefallen.
Gegen den spontanen Verweis auf die verlinkten Artikel argumentierte auch die langjährige Freundschaft.
Wir kannten die ehemalige Uni-Kollegin zu gut für pauschale Link-Listen. Neben den oben angeführten Ausschluss-Kriterien durften die infrage kommenden Spiele auf keinen Fall zu hektisch sein. Kein Kampf gegen die Uhr, keine Auto-Renn und keine Action-Spiele. Auch Titel mit stumpf-wiederkehrenden, immer identischen Neuanfängen an einer gleichen Level-Stelle, etwa weil der Sprung über die Klippe nicht gelingen wollte, waren definitiv ausgeschlossen. Zu brutal und zu japanisch, ebenfalls ein No-Go.
Endless-Runner und Highscore-Apps, die nur geringe Fortschritte zulassen würden, motivierten unsere Dame nicht, sondern provozierten eher ihre umgehende Entfernung vom iPhone.
Allein im Zug, fielen auch Brettspiel-Umsetzungen für zwei und mehr Spieler aus dem Pool der möglichen Optionen. Die Aktualität war hingegen zweitrangig. Ob das Spiel 2009 oder 2014 veröffentlicht wurde, war irrelevant.
Der erste Vorschlag, das Quiz-Spiel „Spiel der Weisen“, war leider schon bekannt. Hätte aber gepasst. Die Erinnerungen an das „Trivial Pursuit für einen“ waren noch immer positiv. Vielleicht aber auch ganz gut so. Im App Store können wir das Spiel der Wiesen nicht mehr finden.
Zwei Bier und eine Grübel-Pause später haben wir uns für die folgenden vier Empfehlungen entschieden und warten die nächste Woche und „ihr“ Fazit ab.
Geheimakte Tunguska
An die Geheimakte Tunguska musste wir nach dem Verweis auf „Baphomets Fluch“ denken. Der Point-und-Klick-Titel mit seiner über 10 Stunden langen Spielzeit ist das wahrscheinlich beste Adventure im App Store und tut uns inzwischen richtig leid.
Mittlerweile müssen die Macher im Beschreibungstext nicht nur auf den Verzicht von In-App-Käufen hinweisen, sondern auch noch unterstreichen, dass das Spiel nicht in mehrere Episoden gesplittet wurde. Ehrliche Titel wie Tunguska sind 2014 so rar geworden, dass man ihnen ihr faires Angebot fast gar nicht mehr abkauft.
Spider
Die Grafik ist fast schon etwas in die Jahre gekommen. Das Spielprinzip aber bleibt witzig und grundsolide. Spider kombiniert Grübel-Arbeit (wo bewege ich mich wie am besten lang um das Level schlau zu absolvieren) mit gedankenverlorenen Netzbau-Passagen, nervt nicht, verzeiht ungelenke Ausrutscher und ist schnell verstanden.
Ridiculous Fishing
Die von uns ausgesprochenen Empfehlungen sollten in erster Linie natürlich gefallen, andererseits reflektieren persönliche Verweise ja auch immer die Geschmacks-Empathie des Tippgebers, von daher musste auch etwas hippes auf den Tisch.
Ridiculous Fishing, ihr vielleicht schon zu monoton, schien angebracht für die „das spielen die jungen Leute heute – könnte dir aber auch gefallen“-Kategorie. Vielleicht trifft es ja den kritischen Geschmack.
Rabenholt
Ein Tipp den wir nach grünlicher Überlegung und dem inzwischen (erneut) erfolgten Selbsttest am liebsten wieder zurückziehen würden. Das Kniffel-Spiel, das im Original Raven Rock heißt, hatten wir anders in Erinnerung. Irgendwie interaktiver. Irgendwie liebevoller. Und irgendwie nicht ganz so starr, mit Bewegungen „auf Schienen“. Thematisch wäre ihr Raven wahrscheinlich auf den Leib geschneidert. Aber eine richtige Empfehlung ist der Titel auch nicht (mehr).
Nehmt uns den Ausflug ins Private nicht übel – aber die Anekdote musste raus.
Die Spiele-Frage hat uns die starke Diskrepanz vor Augen geführt, die zwischen unseren Alltags-Empfehlungen hier auf ifun.de und den Tipps liegt, die man gibt wenn Persönlichkeit, Vertrautheit und eine vage Ahnung des präferierten Geschmacks eine Rolle spielen.